Landeskorrespondenz
(LK) „Ich habe Verständnis für die Protestmaßnahmen der Beschäftigten und die Sorge der Betroffenen in der Behindertenhilfe, sie leisten großartige Arbeit. Mir geht es um die Absicherung des bestehenden Leistungsangebots und der Standards, die wir im Oö. Chancengleichheitsgesetz – der UN-Behindertenrechtskonvention folgend - festgeschrieben haben. Darum war es aber auch notwendig, mit den Angebotsträgern über weitere Möglichkeiten zur Kostendämpfung ins Gespräch zu kommen, da ich auf Basis des mir zur Verfügung stehenden Budgets das derzeitige System der Behindertenhilfe gefährdet sehe. Dazu werden gemeinsam mit den Trägern noch Gespräche mit dem Finanzreferenten des Landes geführt. Eine nachhaltige Finanzierungsstrategie für den Sozialbereich müssen wir gemeinsam finden, da das bestehende Angebot bei weitem nicht dem Bedarf entspricht und dringend eine Ausbauoffensive erforderlich ist, damit beeinträchtigte Menschen ein menschenwürdiges Leben haben. Wenn die Bedarfsmeldungen teilweise im zweistelligen Bereich wachsen ist das mit den derzeitigen Budgetsteigerungen von drei bis vier Prozent nicht machbar“, so Landesrätin Jahn.
Die demografische Entwicklung bei Menschen mit Beeinträchtigungen ist ähnlich dynamisch wie die Alterung bei der Gesamtbevölkerung. Dies hat zur Folge, dass es stark steigende Bedarfe von Menschen mit Beeinträchtigungen gibt. Ohne zusätzliche Finanzierung ist das derzeitige System der Behindertenhilfe nicht aufrechtzuerhalten. Deshalb kämpft Sozial-Landesrätin Gertraud Jahn um mehr Mittel für die Behindertenhilfe und fordert erneut einen Behindertenfonds.
Oberösterreich hat bereits ein gut ausgebautes System der Behindertenhilfe. Trotz des zwischen Landeshauptmann und dem damaligen Sozialreferenten politisch akkordierten, beachtlichen Ausbaus der letzten Jahre würden in den nächsten drei Jahren noch rund 1.000 Wohn- und rund 700 Arbeitsplätze gebraucht.
Konnten bis zum Jahr 2009 die Leistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen durch die Budgeterhöhungen mit jedenfalls 7 Prozent noch halbwegs abgesichert werden, so führten die wesentlich geringeren Budgeterhöhungen der letzten Jahre - in Folge der
Finanzkrise - aber zu gravierenden Engpässen. Das ging so weit, dass Einrichtungen in den Jahren 2010/11 fertiggestellt und eröffnet wurden, aber der laufende Aufwand nicht ausreichend ins Sozialbudget eingestellt werden konnte, sodass entsprechend hohe Defizite aufgebaut wurden. Diese konnten in den letzten Jahren zum Teil noch intern kompensiert werden, was nunmehr nicht mehr möglich ist.
Oberösterreich ist das einzige Bundesland in Österreich, das seit 1998 über Daten zu aktuellen und künftigen Bedarfen von Menschen mit Beeinträchtigungen verfügt. Vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 2014 haben rund 10.000 Menschen mit Beeinträchtigungen 13.834 Leistungen in Anspruch genommen. Alleine von 2013 auf 2014 haben sich die Bedarfsmeldungen nach einem Wohnplatz um 279 erhöht, die Bedarfsmeldungen für mobile Betreuung und Hilfe und persönliche Assistenz sind im zweistelligen Bereich um 17,6 bzw. 22,3 Prozent gestiegen!
Der immer wieder angesprochene Bundesländervergleich bei den Kosten der Behindertenhilfe ist unseriös, weil Leistungen in den Bundesländern unterschiedlich zugerechnet werden und Oberösterreich im Vergleich etwa zu Niederösterreich einen wesentlich höheren Versorgungsgrad hat. „Das Problem vor dem wir stehen ist nicht mehr mit ´Strukturreformen` bei den Trägern zu lösen, wie das von manchen Seiten gefordert wird, denn es gibt für die Leistungen längst standardisierte Preise, die für alle Angebotsträger gleich sind. Wenn - Gott sei Dank - auch unsere beeinträchtigten Mitbürger/innen immer älter werden, wird in unserer Gesellschaft die Diskussion zu führen sein, ob wir mit gemeinsamer Finanzierung dafür sorgen, dass alle eine gute Betreuung bekommen, sonst können sich diese nur mehr die mit einer dicken Brieftasche leisten“, so Jahn.
„Ich schätze die Zusammenarbeit mit den Trägern und deren Mitarbeiter/innen, die schon in den letzten Jahren beträchtlich zur Kostendämpfung beigetragen haben, sehr. Daher haben wir auch zu Beginn des Jahres dafür gesorgt, dass die kollektivvertragliche Gehaltssteigerung sofort zur Gänze durch Erhöhung der Leistungspreise abgegolten wurden“, so Jahn abschließend.