Landeskorrespondenz
(LK) Am 26. April 1986 ereignete sich die folgenschwere Atomkatastrophe in Tschnobyl. Weite Regionen Europas wurden durch radioaktiven Fall-Out kontaminiert. Auch Oberösterreich. Und noch heute, 29 Jahre danach, zeigen aktuelle Einschätzungen der deutschen Bundesregierung weiterhin bestehende Gefährdungspotentiale auf: ungesichertes radioaktives Material, eine unfertige Schutzhülle und explodierende Kosten in Tschernobyl.
Situation in Tschernobyl – 29 Jahre nach dem Reaktorunfall
Die schon für 2005 geplante, stabilere Schutzhülle für die Anlage ist noch immer nicht fertig gestellt - 2017 soll der neue Sarkophag die atomare Ruine aber endlich verschließen. Doch der damals explodierte Reaktorblock 4 ist nicht die einzige Katastrophe in Tschernobyl: Die drei anderen Reaktoren in Tschernobyl wurden kurz nach dem Unglück wieder hochgefahren, der letzte davon erst im Jahr 2000 abgestellt. Bis heute wurde nur ein kleiner Teil der Brennelemente aus diesen Reaktoren gebracht, und die Nachkühlung muss weiterhin gewährleistet werden. Es gibt weder ein Konzept zur Beseitigung des verstrahlten Materials, noch genügend finanzielle Mittel für den Bau von Anlagen und deren Erhaltung. Mehr als 3.000 Arbeiter sind nach wie vor auf dem Gelände beschäftigt, tausende Tonnen Atommüll provisorisch deponiert!
Aktuelle Messergebnisse in Wildpilzen und Wildfleisch
Durch die Explosion in Tschernobyl im April 1986 trieben radioaktive Wolken über Europa – und auch 29 Jahre danach ist die Hinterlassenschaft des Reaktorunfalls noch messbar: In Österreich treten bei Wildfleisch und Wildpilzen gelegentlich noch immer höhere Radioaktivitätswerte als in anderen Lebensmitteln auf. Um einen Überblick zu erhalten, werden diese Lebensmittel von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und dem Gesundheitsministerium routinemäßig auf Radioaktivität untersucht.
Dabei wird zwar nach wie vor Cäsium-137 nachgewiesen, aber im Regelfall liegen die Ergebnisse unter den Grenzwerten. Konkret liegt der Grenzwert für Wildfleisch bei 600 Bq/kg, von 2010 bis 2015 wurde in den fast 100 Proben aus OÖ keine Überschreitung festgestellt, der höchste Wert lag bei 303 Bq/kg. Bei den Pilzen wurden von 2011 – 2014 österreichweit besonders die als Speisepilze sehr beliebten Eierschwammerl und Steinpilze untersucht: Auch hier lagen die Messergebnisse im Mittel deutlich unter dem Grenzwert, allerdings gab es in einigen Fällen bei untersuchten Eierschwammerl aus Österreichs Wäldern Grenzwertüberschreitungen - im Durchschnitt der letzten Jahre bei 12 % der österreichweit untersuchten Eierschwammerl, im vergangenen Jahr bei 5 %. Häufigere Grenzwertüberschreitungen gibt es nach wie vor bei Maronenröhrlingen. Bei diesen ist nach Meinung der Fachexperten Vorsicht geboten. Völlig ohne Grenzwertüberschreitungen sind Steinpilze und Parasole.
Der gelegentliche Konsum von Wildpilzen oder von Wildfleisch, deren Radioaktivität über dem Grenzwert liegt, stellt nach Meinung der Gesundheitsexperten kein Problem dar, weil unsere sonstigen Nahrungsmittel unbelastet sind und diese Nahrungsmittel nicht in großen Mengen verzehrt werden.
"Die Tatsache, dass unsere Böden zum Teil noch immer durch radioaktives Material aus Tschernobyl belastet sind zeigt, wie verantwortungslos es war und ist, Atomanlagen zu betreiben. Atomkraft ist eine verantwortungslose, menschenfeindliche Energieform. Weltweit gibt es keine Lösung für die Endlagerung von hochradioaktivem Atommüll. In Deutschland sucht man nach einem Endlager, das Sicherheit für 1 Million Jahre garantieren soll. Die Atomlobby hat hunderten Generationen eine verantwortungslose Hypothek hinterlassen. Die sicherheitspolitischen Gefahren und damit verbundene, hohe Kosten müssen jegliche Gedanken an Neubauprojekte schnell vertreiben!“, so LR Anschober.
Erstmals gute Chancen für einen schrittweisen europaweiten Atomausstieg
In den letzten Jahren konnte der Anteil der Atomenergie massiv verringert werden. Und Oberösterreichs Strategie des wirtschaftlichen Hebels könnte voll aufgehen. Heute liegen die Produktionskosten von neu geplanten AKW bei 120 Euro je Megawattstunde, der Börsenpreis für Strom jedoch nur bei 38 Euro - Atomstrom liegt also dreifach über dem Marktpreis. Neue AKW können daher nur mehr dann verwirklicht werden, wenn milliardenschwere Subventionen jedes Jahr bezahlt werden. Die Grundsatzentscheidung über die europarechtliche Zulässigkeit dieser Milliardensubventionen wird am britischen AKW-Projekt Hinkley Point getroffen. Anschober: "Ich kämpfe daher mit aller Kraft für ein Verbot dieser Subvention. Und es sieht sehr gut aus, dass uns das Europäische Gericht recht gibt und wir Hinkley Point stoppen können. Schaffen wir dies, dann ist das ein Grundsatzurteil und es wird keinen Neubau in der EU mehr möglich sein, auch der Ausbau von Temelín wäre gestoppt. Da die in Betrieb befindlichen europäischen Reaktoren schon recht alt sind und sie schrittweise vom Netz gehen müssen, wird bei einem Unterbinden der Neubauten ein schrittweiser Ausstieg Wirklichkeit."