Landeskorrespondenz
„Das mit 1. März 2017 in Kraft getretene Kontosystem und die von der Familienministerin als einen großartigen Meilenstein dargestellte Reform beim Kinderbetreuungsgeld sind – wenn man genauer hinschaut - die reinste Farce. Unterm Strich stellt das neue Kinderbetreuungsgesetz mit dem Kindergeld-Konto und das Familienzeitbonus-Gesetz für den Großteil der Familien eine Leistungskürzung dar. Darüber hinaus birgt das Gesetz, wenn man darüber nicht genügend informiert ist, viele Fallen. Diese Fallen zu kennen, zahlt sich wahrhaftig aus!“ zeigt Familienreferent LH-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner erneut auf.
Die Kritikpunkte richten sich an die Leistungskürzungen in der Bezugshöhe und dem Gesamtbezug des Kinderbetreuungsgeldes inkl. dem Partnerschaftsbonus, an die fehlende Valorisierung, die Verschlechterung beim Wochengeldbezug inkl. der sogenannten „Wochengeldfalle“, den Familienzeit-Bonus und die fehlende Berücksichtigung von Härtefällen:
Leistungskürzung: Über die Hälfte (etwa 60 %) aller Kinderbetreuungsgeld-Bezieherinnen und -bezieher wählte bislang diese längste Variante und erhielt damit in Summe 13.266 Euro. Mit dem neuen Kindergeldkonto erhalten sie folglich nur noch 12.366 Euro und damit um 900 Euro (!) weniger. Zudem wurde der Gesamtbezugszeitraum um etwa 2 Monate gekürzt.
Fehlende Valorisierung: Seit der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes im Jahr 2002 wurde der Betrag noch nie erhöht. 2002 bekam eine Mutter in Summe 13.266 Euro Kinderbetreuungsgeld. Wäre dieser Betrag jährlich wertangepasst worden, müsste das Kinderbetreuungsgeld heute etwa 17.160 Euro betragen. Stattdessen bekommt eine Mutter seit dem 1. März 2017 deutlich weniger. Mit nur noch 12.366 Euro fehlen einer Mutter fast 5.000 Euro im Familienbudget!
Partnerschaftsbonus: Eltern, die sich den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes in etwa zur Hälfte teilen, erhalten einen Partnerschaftsbonus von 1.000 Euro. Dies ist ja grundsätzlich positiv zu sehen. Nur dieser Bonus wird nicht automatisch ausbezahlt, sondern Eltern müssen eigens einen „Antrag“ stellen. Man sollte meinen, dass eine Ausbezahlung dieses Betrages aufgrund der heutigen technischen Möglichkeiten eigentlich automatisiert möglich sein sollte.
Verschlechterung beim Wochengeldbezug: Eine eindeutige Verschlechterung ergibt sich beim Wochengeldbezug für eine Mutter, die noch Kinderbetreuungsgeld bezieht, erneut schwanger wird und in der Zeit des Kinderbetreuungsgeld-Bezuges in den Mutterschutz geht. Bis vor der Einführung des Kindergeld-Kontos betrug das Wochengeld bei allen Pauschalvarianten 180 % von 14,53 Euro täglich – dies waren somit 26,15 Euro/Tag. Mit dem neuen Kindergeld-Konto beträgt das Wochengeld nur noch 100 % des bezogenen Kinderbetreuungsgeld-Tagsatzes.
Eindeutig schlechter gestellt sind hier wiederum jene Mütter, die sich für eine Pauschalvariante länger als 15 Monate entschieden haben. Die sogenannte „Wochengeldfalle“ existiert seit In-Kraft-Treten der Kurzvarianten 15 + 3 sowie 12 + 2 pauschal oder 12 + 2 einkommensabhängig. Dies tritt ein, wenn die Mutter ohne Kinderbetreuungsgeld-Bezug das Kind weiter betreut, wieder schwanger wird und der Geburtstermin vor der maximal möglichen gesetzlichen zweijährigen Karenzdauer liegt. Da die Mutter „nur“ beim (Ehe)partner mitversichert ist, hat sie keinen Anspruch auf das Wochengeld. Voraussetzung für das Wochengeld ist eine Pflicht-Krankenversicherung. Die Wochengeldfalle wurde mit der aktuellen Reform nicht behoben!
Familienzeit-Bonus oder „Papa-Monat“: Zusätzlich kann ein Vater nach der Geburt einen Monat „Familienzeit“ nehmen und erhält dafür 700 Euro „Bonus“. Auf den ersten Blick eine vernünftige Maßnahme. Nur, was kaum jemand weiß ist, dass die 700 Euro keine Zusatzleistung ist, auf welchen der Begriff „Bonus“ eigentlich schließen lässt, sondern diese 700 Euro werden bei einer späteren Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsgeld durch diesen Vater wieder in Abzug gebracht - jedoch der Mindestzeitraum von 61 Tagen bleibt bestehen. Zudem bleibt abzuwarten, wie viele Väter diesen Bonus tatsächlich in Anspruch nehmen können, denn einen Rechtsanspruch darauf gibt es nicht!
Fehlende Härtefallregelung: Auch die Berücksichtigung von Härtefällen bleibt nach wie vor ein Wunschdenken. Nimmt beispielsweise der Vater eine Karenzzeit in Anspruch, müssen laut Gesetz mindestens 61 Tage (bei der einkommensabhängigen Variante) bzw. mindestens 91 Tage (beim Kindergeldkonto) konsumiert werden. Tritt jedoch der Fall ein, dass in dieser Zeit ein weiteres Kind geboren wird und der Vater dadurch die erforderlichen 61 bzw. 91 Tage nicht erreicht - weil mit der Geburt des Kindes automatisch der Bezugszeitraum für die Mutter beginnt - hat der Vater die volle Höhe seines KBG-Bezuges zurückzuzahlen. Eine Härtefallregelung ist unumgänglich!
„Meine Kritik richtet sich auch dahingehend, dass die Gesetze schwer zu lesen und zu verstehen sind - man muss hierfür beinahe juristisches Fachwissen haben. Die Bezugszeiträume sind nur noch in „Tagen“ und nicht mehr wie bisher in Monaten angeführt. Kaum jemand hat gleich eine Vorstellung, wie lange 851 Tage oder 1.063 Tage sind. Unterm Strich gibt es mit dieser Reform mehr Verlierer als Gewinner. Das Kindergeld-Konto bringt eindeutig Verschlechterungen für Alleinerzieherinnen und Mehrkindfamilien. Zu den Verlierern gehören eindeutig jene Familien, die sich für die beliebte Langvariante entscheiden. Diese dürfen nicht benachteiligt werden! Die Wahlfreiheit muss für Familien gegeben sein. Mit dem neuen Kinderbetreuungsgeld-Gesetz und Familienzeitbonus-Gesetz wurde eindeutig ein verstecktes Sparpaket zulasten der Familien umgesetzt. Der große Aufschrei bei den Kinderbetreuungsgeld-Beziehern wird erst komme, wenn sie die vielen Fallen und Tücken, die mit dieser Reform einhergehen, selber zu spüren bekommen. Als Familienreferent des Landes Oberösterreich fordere ich die Familienministerin auf, die Lücken in diesen beiden Gesetzen umgehend zu schließen“, so Familienreferent LH-Stv. Dr. Manfred Haimbuchner abschließend.