Landeskorrespondenz
Fischotter-Managementplan greift – auch der Fischbestand benötigt Schutz
(Presseaussendung vom 15.12.2017)
Bereits seit dem Jahr 2015 wird in Oberösterreich ein mit verschiedenen Stakeholdern (darunter u.a. Vertreter der Fischerei, der Landwirtschaftskammer und des Naturschutzes) gemeinsam entwickelter Fischotter-Managementplan umgesetzt. Im Mittelpunkt dieses Managementplans steht das ausgewogene Nebeneinander eines gesunden und artenreichen Fischbestandes und einer artenreichen Tierwelt inklusive des Fischotters, der auch als Fraßfeind der Fische gilt. Seit dem Jahr 2016 wurden wissenschaftlich fundierte Daten über den Fischotterbestand sowie dessen Auswirkungen auf den Fischbestand, an gemeinsam mit dem Oö. Landesfischereiverband ausgewählten Pilotstrecken in Fließgewässern Oberösterreichs erhoben. Nun liegt der Endbericht dieser wissenschaftlichen Erhebung vor und weitere Maßnahmen zum Schutz der Fischbestände können ergriffen werden. Aktuell wird in Oberösterreich von einem Fischotter Bestand von ca. 600 bis 835 Tieren ausgegangen. In diesem Endbericht halten die Experten fest, dass durch den Fischotter ein erheblicher Teil des Fischbestandes der untersuchten Gewässer abgeschöpft wird. Von den sechs repräsentativen Fließgewässerstrecken in Oberösterreich (Steinerne Mühl, Große Rodl, Waldaist, Steyr, Reichramingbach und dem Gebiet Pechgraben/Neustiftgraben) werden nun an vier Gewässern geprüfte Entnahmen von Fischottern für die Dauer von drei Jahren durchgeführt.
Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger dazu: „Diese Maßnahmen dienen zum Schutz der Fischbestände in Oberösterreichs Gewässern. Im Zusammenhang mit sämtlichen Ausnahmebewilligungen ist stets die Bewahrung des guten Erhaltungszustandes des Fischotters im Auge zu behalten. Es braucht ein ausgewogenes Miteinander, um die Vielfalt der Fauna Oberösterreichs zu bewahren.“
Experten empfehlen geprüfte Entnahme:
Mit dem heute erlassenen Bescheid der Oö. Landesregierung wird im Bereich der Untersuchungsstrecken der Großen Rodl, der Steinernen Mühl, der Steyr in Hinterstoder sowie im Bereich Pechgraben/Neustiftgraben, die Entnahme von Fischottern auf die Dauer von drei Jahren, ohne zahlenmäßige Beschränkung, bewilligt.
Die Entnahmen der Fischotter werden durch Jagdausübungsberechtigte im Zeitraum vom ersten November bis Ende Februar durch Abschuss und darüber hinaus mittels Lebendfangfalle und anschließender weidgerechter Tötung erfolgen. Laktierende oder offensichtlich trächtige Weibchen sind zu schonen bzw. freizulassen.
Über einen dreijährigen Zeitraum erscheint es den Experten grundsätzlich möglich, die Entwicklung des Fischbestandes bei einem verringerten Fischotterbestand zu dokumentieren und so konkrete Daten zum Einfluss des Otterbestandes auf den Fischbestand in den Pilotstrecken zu erhalten. Am Ende dieses Zeitraums erfolgt ein erneutes Monitoring. Zum Vergleich werden neben den Entnahmestrecken auch die Pilotstrecken im Reichramingbach und der Waldaist im Frühjahr und Herbst weiterhin zur Überwachung der Entwicklungen des Fischbestandes bei Otterpräsenz befischt.
Die Ergebnisse im Detail:
- In den drei untersuchten Gewässern des Mühlviertels ist nach wie vor ein intakter Fischbestand vorhanden, ein maßgeblicher negativer Einfluss des Fischotters sei aber im Hinblick auf die fischereiwirtschaftliche Nutzung wahrscheinlich.
- An der Steyr kann ein maßgeblicher Einfluss des Fischotters, insbesondere im Unterlauf nicht ausgeschlossen werden, im Oberlauf sei fraglich, ob Otter maßgeblich zum festgestellten massiven Einbruch des Fischbestandes beitragen bzw. dessen Wiederaufkommen verhindern.
- Im Reichramingbach kann ein maßgeblicher negativer Einfluss von Fischprädatoren (Otter und Gänsesäger) auf Grund der kumulativen Wirkung nicht ausgeschlossen werden. Für das Gebiet Pechgraben und Neustiftgraben kann der Einfluss des Fischotters auf Grund der überaus komplexen ökologischen Zusammenhänge sowie der massiven anthropogenen Beeinflussungen nicht ausreichend abgeschätzt werden. Von den Experten Kranz und Ratschan wurde daher neben einer systematischen Zäunung von Fischteichen sowie einem kontrollierten Fischbesatz auch die Entnahme von Ottern empfohlen.
Hintergrundinformation:
Die Studienautoren DI Dr. Andreas Kranz, anerkannter Fischotter-Experte vom alka-kranz Ingenieurbüro für Wildökologie und Naturschutz e.U. in Graz, sowie Mag. Clemens Ratschan, von der ezb/TB Zauner GmbH in Engelhartszell, haben die Fischotterbestände auf Grundlage der genetischen Auswertung von gesammelten Losungsproben und die Fischbestände durch mehrmalige Befischungen im Frühjahr und Herbst ermittelt.
Bereits in der Studie „Fischotter – Verbreitung und Erhaltungszustand 2012 in Oberösterreich“ wurde der Erhaltungszustand von Dr. Kranz als günstig bezeichnet. Die bewilligte Regulierung des Bestandes durch Entnahme einer bestimmten Anzahl von Individuen, darf den günstigen Erhaltungszustand nicht beeinträchtigen. Der Beitrag Oberösterreichs zum günstigen Erhaltungszustand für die alpine und die kontinentale Region wurde bereits 2012 mit 200 bis 300 Exemplaren als gegeben erachtet.
Der Fischotter gilt in Oberösterreich nach den Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes und der Oö. Schonzeitenverordnung 2007 als jagdbares Wild mit ganzjähriger Schonzeit. Diese Regelungen entsprechen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), in welcher der Fischotter in Anhang II und IV gelistet ist. Nach Anhang IV handelt es sich beim Fischotter um eine streng geschützte Tierart von gemeinschaftlichem Interesse, Anhang II verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Einrichtung von Schutzgebieten. Allerdings sind gemäß Artikel 16 der FFH-RL Ausnahmen von den strengen Schutzbestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig, was nun in Oberösterreich zur Anwendung kommt.