„Personal-Abteilungen müssen die innovativsten Abteilungen in den Unternehmen werden“

Landeskorrespondenz

Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner: „Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts

 

(Presseaussendung vom 2.10.2019)

„Die Personal-Abteilungen müssen die innovativsten Abteilungen in den Unternehmen werden. Fachkräfte sollten zunehmend aus sogenannten ‚verdeckten‘ oder ‚Schatten‘-Potenzialen rekrutiert werden. Und die Lehre muss massiv aufgewertet werden.“ So lauteten die zentralen Aussagen beim Fachkongress „Personal als zentraler Wettbewerbsfaktor“, der jüngst im Linzer Kunstmuseum Lentos stattgefunden hat. Eingeladen dazu hatten das Institut für Recht der sozialen Daseinsvorsorge und Medizinrecht der Johannes Kepler Universität Linz, das Wirtschaftsressort des Landes Oberösterreich, das Arbeitsmarktservice sowie die oö. Standortagentur Business Upper Austria. Mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Österreich diskutierten die zentralen Fragen der Fachkräftesicherung. Wirtschafts-Landesrat Markus Achleitner zog dabei dieses Fazit: „Nur wenn unsere Unternehmen genügend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung haben, können wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes und damit den Wohlstand Oberösterreichs auch künftig sichern. Im Mittelpunkt dabei müssen Qualifizierungsmaßnahmen stehen. Mit unserer Strategie ‚Arbeitsplatz 2030‘ und dem ‚Pakt für Arbeit und Qualifizierung‘ sind wir hier in Oberösterreich bereits auf einem guten Weg.“

 

Der innovativste Bereich in einem Unternehmen muss die HR-Abteilung werden, sagte Johannes M. Blätterbinder, Personalverantwortlicher der Energie AG. „Die Personalabteilung muss weg von der Verwaltung“, meinte er, „das Betätigungsfeld ist mittlerweile sehr groß. Die dafür erforderlichen Ressourcen besitzen allerdings nur Großbetriebe. 80 Prozent unserer Unternehmen sind KMU. Sie brauchen Hilfe von Institutionen und öffentlichen Einrichtungen.“ Blätterbinder machte darauf aufmerksam, dass großer Handlungsbedarf bei der Fachkräftesicherung besteht und ein hohes Tempo erforderlich ist.

 

Bindung zum Arbeitgeber stärken

Entscheidend ist heute, sich auf dem Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Die Vortragenden beleuchteten unterschiedliche Aspekte der Strategien, wie dies gelingen kann. Laut Blätterbinder ist eine der wesentlichen Voraussetzungen absolute Ehrlichkeit. Die weiteren Faktoren sind vielfältig: flexible Arbeitszeit, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Sozialleistungen, betriebliche Gesundheitsförderung, erfolgreiches Onboarding, Kontaktpflege zu Bildungseinrichtungen u.v.m. Vor allem die Generation Z legt Wert auf eine intensive Feedbackkultur, Konfliktmanagement, Eigenverantwortung, Sinnstiftung durch die Arbeit, flache Hierarchien, ansprechend gestaltete Räume und neue Arbeitsmethoden.

 

Arbeit als Sinnstifter

„Die Generation Z sucht in der Arbeit Sinn“, betonte Paul Eiselsberg vom IMAS-Institut, „daher muss der Arbeitgeber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Bewerberinnen und Bewerbern immer das Warum erklären.“ Sehe man einen Sinn in dem, was man tue, würde auch die Motivation steigen. Als Best Practice präsentierte Angelika Mascherbauer ihr Unternehmen, die Brau Union Österreich, die zum dritten Mal in Folge zum besten Arbeitgeber in der Branche gekürt worden ist. Sie führte dies darauf zurück, dass auch die Führungskräfte die wertschätzende Unternehmenskultur leben.

 

Vorhandenes Potenzial nutzen

Einig waren sich die Vortragenden auch darin, dass Unternehmen die vorhandenen „verdeckten“ oder „Schatten“-Potenziale ausschöpfen müssten, um den künftigen Fachkräftebedarf decken zu können. Laut Bernhard Winkler, Geschäftsführer der TRESCON Betriebsberatung, zählen dazu globale Talente, Asylberechtigte, die Generation 50+ sowie Auszubildende. Universitätsprofessor Christoph Badelt, Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), und Maria Brunner vom Arbeitsmarktservice ergänzten um Frauen, Migranten, Ausländer und Behinderte sowie Jugendliche und Menschen ohne abgeschlossene Ausbildung.

 

Neue Zielgruppen ansprechen

„Unternehmen müssen offener werden für bestimmte Zielgruppen, um den Fachkräfteengpass zu meistern“, appellierte Claus Jungkunz vom Sozialministerium. Über das Betriebsservice des Sozialministeriums gibt es zahlreiche Angebote, die Firmen und behinderte Arbeitsuchende zusammenbringen und unterstützen. In seinem Vortrag betonte er, dass Menschen mit Behinderung oder gesundheitlicher Beeinträchtigung ein unterschätztes Arbeitskräftepotenzial darstellen. Immerhin würden 1,6 Millionen Österreicher/innen an einer Behinderung oder chronischen Erkrankung leiden.

 

Innovative Lösungen suchen

„Wenn man will, geht viel“, sagte Jungkunz und berichtete von einem Koch, der nach einem Motorradunfall nicht mehr acht Stunden in der Küche stehen konnte. Sein Arbeitgeber ließ eine Einrichtung installieren, mit der der Koch nun durch die Küche schweben kann. Maria Brunner vom AMS appellierte an die Unternehmen, bei der Personalsuche nicht ausschließlich auf formale Bildungsabschlüsse zu achten, sondern nach den tatsächlichen Kompetenzen zu suchen. „Unsere Unterstützungsangebote und Förderungen liefern einen hilfreichen Beitrag zur Fachkräftegewinnung“, sagte Brunner.

 

Image der Lehre verbessern

Einig waren sich die Expert/innen auch darin, dass die Lehre gefördert und aufgewertet werden. Der Fachkräftebedarf sei laut Josef Wallner vom ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft bei Lehrberufen am höchsten. Er wünscht sich daher neue Zielgruppen für die Lehre, wie etwa Erwachsene, oder eine verkürzte Lehrzeit nach der Matura. Wallner regte außerdem finanzielle Anreize wie etwa Stipendien für erwachsene Lehrlinge an und konnte sich akademische Berufstitel (Bachelor/Master professional) vorstellen.

 

Zusammenwirken aller Institutionen

Um die arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen der Zukunft zu meistern, braucht es eine strategische Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik und institutionenübergreifende Zusammenarbeit. „Hier haben wir in Oberösterreich eine lange Tradition“, betonte Wirtschafts-Landesrat Achleitner: „Die Strategie Arbeitsplatz 2030 bildet den langfristigen Handlungsrahmen für die Arbeitskräftesicherung und die Arbeitsmarktpolitik in Oberösterreich. Die Vision ist die bestmögliche Deckung des Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftebedarfs und das Erreichen der Vollbeschäftigung. Die drei zentralen Säulen der Strategie Arbeitsplatz 2030 bestehen aus bedarfsgerechter Qualifizierung, Aktivierung des vorhandenen Arbeitskräftepotenzials sowie Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Die von den Expert/innen im Rahmen dieses Kongresses empfohlenen Handlungsoptionen finden sich auch in diesem strategischen Fachkräfte-Programm“, so LR Achleitner.