Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger: Hochpreisphase für Ferkelproduktion in Oberösterreich – Langfristige Entwicklung des Sektors braucht sichere Rahmenbedingungen

Landeskorrespondenz

(Presseaussendung vom 7.1.2020)

LR Hiegelsberger und DI Johann Stinglmayr, Geschäftsführer VLV Ferkelring, fassen zusammen:

  • 2019 – Eines der besten Ferkeljahre seit dem EU Beitritt
  • Aktuell – Hervorragendes Preisniveau
  • Ausblick 2020 – Ausgezeichnet mit ernsten Unsicherheiten
  • Fehlende Investitionen aufgrund unsicherer Rahmenbedingungen führen zu rückläufiger Ferkelproduktion
  • Gefährdung der heimischen Gütesiegelproduktion
  • Klare und planbare Rahmenbedingungen für die heimischen Produzent/innen notwendig

 
 

2019 – Schwach begonnen! Stark beendet!

Nach einem für die Ferkelerzeuger extrem einkommensschwachen Jahr 2018 hat das letzte Jahr mit einer mäßigen Ferkelnotierung in der Höhe von 2 Euro begonnen. Das Ferkel kostete zu diesem Zeitpunkt knapp 64 Euro. Am Ende des Jahres lag dann die Notierung bei 3,20 Euro, was einen Ferkelpreis von 98 Euro bedeutet. Im Durchschnitt konnte 2019 ein Ferkelpreis von 83,50 Euro realisiert werden. Damit lag man deutlich über dem langjährigen Schnitt von knapp über 69 Euro (siehe Abbildungen 1 und 2).

„Das Jahr 2019 begann mit einem extrem niedrigen Preis und brachte vor allem in der zweiten Hälfte eine in dieser Dimension völlig unerwartete und ungewöhnliche Preisrally am gesamten Schweinemarkt. Das tut den zuletzt so gebeutelten heimischen Familienbetrieben in der Ferkelerzeugung richtig gut. Mit den aktuellen Ferkelpreisen sind die Produktionskosten endlich wieder vollständig gedeckt und ein Teil der Verluste der letzten Jahre kann damit ausgeglichen werden. Dies ist auch eine Bestätigung für die qualitativ hochwertige Produktion in Oberösterreich, das in der Schweinebranche klar das Produktionsland Nummer 1 darstellt“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger: „Es sollte aber nicht vergessen werden, dass die derzeitige Marktlage eine Momentaufnahme darstellt. Viele Einflüsse wirken auf den Preisbildungsprozess und Einzelereignisse, vor allem rund um die afrikanische Schweinepest, können auch sehr rasch wieder eine negative Marktentwicklung auslösen.“

Hervorragender Ausblick auf 2020

„Man kann aktuell mit Überzeugung festhalten: Der Ausblick der heimischen Schweinebranche auf den Marktverlauf eines neuen Jahres war noch nie so erfreulich wie heuer. Das Jahr 2020 beginnt mit 98 Euro und damit auf einem Preisniveau, das wir seit dem Beitritt zur EU im Jahr 1995, also seit einem Vierteljahrhundert, nicht mehr hatten,“ so DI Johann Stinglmayr, Geschäftsführer des VLV Ferkelrings. Dieses Preisniveau ist im gesamten EU-Raum gegeben, wodurch keinerlei Marktdruck aus dem Ausland zu spüren ist. Daran wird sich auch in den nächsten Wochen und Monaten nichts ändern. Eine Bestandsausweitung in den großen Ferkel-Produktionsländern der EU, die bei guter Einkommenssituation in der Vergangenheit sehr rasch stattgefunden hat, wird 2020 weitgehend ausbleiben. Zahlreiche in Diskussion stehende oder bereits beschlossene neue Auflagen in der Tierhaltung und im Düngermanagement limitieren vor allem die deutsche Ferkelproduktion. Aber auch die typischen Ferkel-Versorgerländer Dänemark und Holland werden ihre Sauenbestände weiter zurückfahren.

Trotzdem sollte die eigentliche Ursache dieser so erfreulichen Marktentwicklung immer mitgedacht werden: Die Afrikanische Schweinepest!

 

Afrikanische Schweinepest (ASP) kann rasch alles verändern

Sie wütet in China und hat im abgelaufenen Jahr beinahe die Hälfte der dortigen Schweineproduktion vernichtet. Diese Menge ist glückbedeutend mit einem Viertel der weltweiten Schweineproduktion oder der gesamten Produktionsmenge in der Europäischen Union. China versucht nun mit Schweinefleisch aus der ganzen Welt die inländische Nachfrage halbwegs zu decken und hat damit weltweit eine riesige Schweinefleischnachfrage erzeugt. Die Schweinebranche in der EU ist ein Nutznießer dieser Entwicklungen.

Die Afrikanische Schweinepest ist zuletzt in Polen in einer Entfernung von rund 21 km zur deutschen Grenze ausgebrochen. Auch in mehreren östlichen Nachbarländern Österreichs hat sich die ASP bereits hartnäckig festgesetzt. Ein Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in Österreich hätte fatale Auswirkungen auf die gesamte Produktionskette der heimischen Schweineproduktion und würde den Markt zumindest mittelfristig zum Erliegen bringen. Auch ein Ausbruch der ASP in Deutschland hätte schlagartig grobe Markt- und Preisverwerfungen im gesamten EU Raum zur Folge.

 

Biosicherheitsmaßnahmen zum Schutz der heimischen Schweinebestände

Die rasche und konsequente Umsetzung der Biosicherheitsmaßnahmen in der Schweinegesundheitsverordnung ist ein Gebot der Stunde. Mit dieser Verordnung wurde in den letzten Jahren eine Grundlage geschaffen, die die heimischen schweinehaltenden Betriebe vor Tierseuchen und übertragbaren Krankheiten schützen soll. Mit Hilfe von definierten Biosicherheits- und Hygienemaßnahmen soll das Infektionsrisiko durch einen direkten Kontakt zwischen Wild- und Hausschweinen sowie durch den täglichen Personen- und Tierverkehr minimiert werden. Wildschweinsichere Einfriedungen von Freiland- und Auslaufhaltungen zählen dazu genauso wie ein konsequentes Reinigungs- und Desinfektionsmanagement von Stallungen und Fahrzeugen. Notwendig sind auch Quarantäneeinrichtungen für Zukauftiere oder Hygieneschleusen für Personen, bevor sie die Stallungen betreten. „Der Schutz unserer Schweinebestände muss in Zeiten wie diesen oberste Priorität haben. Viele von diesen Anforderungen wurden auf den heimischen Schweinebetrieben bereits umgesetzt. Noch bedarf es aber in vielen schweinehaltenden Betrieben großer Kraftanstrengungen um das »Schutzschild« vor der ASP auf ein funktionssicheres Niveau zu bringen. Am 15. Dezember 2019 trat zusätzlich die ASP-Revisions- und Frühwarnverordnung in Kraft. Alle verendet aufgefundenen Wildschweine sind der Behörde zu melden. Die Vermeidung der ASP kann nur als gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfolgreich sein. Zur Sicherheit empfehle ich allen Betrieben zusätzlich den Abschluss der Tierversicherung. Die Bezuschussung durch Bund und Land mit insgesamt 55 Prozent drückt klar den öffentlichen Willen aus, unsere Betriebe für den Ernstfall entsprechend abzusichern,“ so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger.

 

Sauenbestände und Ferkelmengen in Österreich gehen aufgrund unsicherer Rahmenbedingungen zurück

Die Sauenbestände in Österreich gehen seit Jahren zurück. Die Anzahl der Aussteiger aus der Sauenhaltung hat in den letzten Jahren zugenommen und die Investitionsfreudigkeit der verbleibenden Ferkelerzeuger war gering. Damit ist das höchste Gut der heimischen Schweineproduktion - das in Österreich geborene Ferkel – mengenmäßig in Gefahr. Die Grundlage für die so erfolgreiche regionale Gütesiegelproduktion steht auf der Kippe.

Die heimischen Familienbetriebe haben die großen Herausforderungen der letzten Jahre angenommen. So wurde die EU-weit vorgegebene Gruppen- und Laufhaltung der Zuchtsauen mit enorm kostenintensiven Investitionen besser als in vielen anderen Mitgliedsländern umgesetzt. Für die nächsten gut zehn Jahre sind massive Anstrengungen auf jedem Betrieb zur Realisierung der Bewegungsbuchten im Abferkel- und Deckbereich bereits vorgegeben. Und gleichzeitig fordern vor allem Tierschutz-Organisationen und zunehmend auch Handelsketten ständig neue Veränderungen, besonders im Bereich der Ferkelerzeugung.

Viele Betriebsleiterinnen und -leiter würden derartige Herausforderungen auch zukünftig annehmen, wenn sie die Sicherheit hätten, dass diese Investitionen auch Bestand haben und nicht wegen eines willkürlich festgelegten Übergangsdatums neuer Auflagen wieder vorzeitig demoliert werden müssen. Wegen der Unsicherheit, ob getätigte Investitionen bereits kurz nach Errichtung neuerlich in Frage gestellt werden, unterlassen viele Betriebe in den letzten Jahren jegliche Investitionstätigkeit.

„Neben der Preisthematik verunsichern vor allem die anhaltenden Diskussionen rund um die Bedingungen in der Tierhaltung die Bäuerinnen und Bauern. Es braucht klare und planbare Rahmenbedingungen für unsere Familienbetriebe. Strengere Haltungsbedingungen müssen dann auch mit einer höheren Zahlungsbereitschaft der Konsumentinnen und Konsumenten einhergehen. Nur dann wird es auch weiterhin eine marktbedeutende Ferkelerzeugung in Österreich geben, die die Grundlage für das heimische Schweinefleisch darstellt. 2020 mit dem guten Preisniveau zu Jahresbeginn wäre daher gut geeignet, unseren Bäuerinnen und Bauern und ihren potentiellen Nachfolgern das Vertrauen in sichere Rahmenbedingungen wieder schrittweise zurückzugeben,“ so DI Johann Stinglmayr.

„Ich appelliere an alle Betriebsführerinnen und Betriebsführer, die aktuelle Situation zu nutzen, um den eigenen Betrieb auf Stärken und Schwächen zu durchleuchten und Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln“, so Agrar-Landesrat Max Hiegelsberger abschließend.

Es bleibt nur mehr wenig Zeit, einen noch massiveren Ferkel-Produktionsverlust in Österreich zu vermeiden. Mahnung genug sollte das Beispiel der deutschen Ferkelerzeugung sein. Diese wird in den letzten Jahren regelrecht an die Wand gefahren.