Runder Tisch zur anonymen Geburt – Bekanntmachung als oberstes Ziel

Landeskorrespondenz

(Presseaussendung vom 14.7.2020)

Ein Thema, das unbedingt bekannter gemacht werden muss. Es gibt die Möglichkeit, wenn nötig, ein Neugeborenes anonym in einem „Babynest“ abzugeben oder noch besser das Kind im Krankenhaus anonym zu bekommen und in die Obhut des Krankenhauses zu übergeben. 
 
„Sein Kind nicht zu behalten, ist niemals eine leichte Entscheidung. Wenn es aber keine andere Möglichkeit gibt, dann müssen Eltern über die Alternativen – um den gesundheitlichen Schutz des Kindes wegen, aber auch der Mutter – Bescheid wissen. So findet die anonyme Geburt etwa unter medizinischer und pflegerischer Begleitung statt, wodurch mögliche Risiken für die eigene Gesundheit, aber auch die des Kindes erheblich reduziert werden. Sollte es dennoch zu einer Geburt außerhalb eines Krankenhauses kommen und man entscheidet sich gegen das Kind, kann und soll kein Weg an einem ‚Babynest‘ vorbeiführen“, betont LH-Stellvertreterin Mag.a Christine Haberlander.
 
„Manche Eltern sind mit der Geburt eines Kindes überfordert. Es entsteht für die werdenden Mütter manchmal eine Ausnahmesituation. Deshalb ist der Weg der anonymen Geburt für Kind und Mutter die sicherste Lösung. Babynester, auch Babyklappen genannt, geben ebenfalls die Möglichkeit, ein Neugeborenes an einem sicheren Ort abzugeben. Genauso wie bei der anonymen Geburt geht die Obsorge für das Kind an die Kinder- und Jugendhilfe über und es werden geeignete Pflegeeltern gesucht. Für Eltern in vermeintlich auswegloser Situation ist es sehr hilfreich, über das Angebot der anonymen Geburt und der Babyklappe informiert zu sein“, so Landesrätin Birgit Gerstorfer.
 
Nicht immer ist die Geburt eines Kindes für die Mutter ein freudig erwartetes Ereignis. In finanziellen, sozialen und psychischen Notsituationen bringen Schwangerschaft und Entbindung die Frauen an die Grenze der Belastbarkeit. Manche Mütter sehen sich daher dazu veranlasst, die Obsorge ihres Kindes jemand anderem anzuvertrauen. Um zu diskutieren, wie die bestehenden Möglichkeiten der breiten Öffentlichkeit bekannter gemacht werden können und punktgenauer geholfen werden kann, luden Haberlander und Gerstorfer Vertreterinnen und Vertreter der Frauenberatungsstellen, Krankenhäuser, Polizei, Bezirkshauptmannschaften sowie der Hebammen zu einem Runden Tisch ein. Dabei war oberstes Ziel, den sichersten Weg für Mutter und Kind mit der anonymen Geburt in den Fokus zu rücken. Thematisiert wurde etwa, wie man die anonyme Geburt bekannter machen kann und bereits präventiv die Gruppen besser erreicht, die es betreffen könnte. Selbiges galt auch für die „Babynester“, die dann genutzt werden können, wenn eine anonyme Geburt nicht möglich ist.
 
Man will bereits in der Schule ansetzen, um die Jugendlichen auf dieses Thema zu sensibilisieren und einen Ausweg im äußersten Notfall aufzuzeigen. Hier werden auch die Kinder- und Jugendhilfe sowie Sozialarbeiter/innen dafür sensibilisiert, mit den Jugendlichen über dieses Thema zu sprechen. Auch über die in ganz Oberösterreich verteilten Frauenberatungsstellen sowie die „First Love Ambulanz“ des Kepler Universitätsklinikums wurde gesprochen, an die sich die Jugendlichen bei einer (ungewollten) Schwangerschaft zu einem Beratungsgespräch wenden können. 
 
Zudem wird man an Bundesministerin Christine Aschbacher mit der Bitte herantreten, künftig auch in den Familienberatungsstellen über die anonyme Geburt zu informieren und zu sensibilisieren.


Findelkinder sind nicht krankenversichert
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Runden Tisches war auch, dass anonym geborene Kinder oder jene, die in einem „Babynest“ abgegeben wurden, rechtlich gesehen Findelkinder sind. Diese werden erst mit der Unterbringung bei ihren Pflegeeltern in der Krankenversicherung als Angehörige mitversichert. In der Zeit davor besteht keine Möglichkeit zur Mitversicherung und somit kein Krankenversicherungsschutz. In Oberösterreich ist aber klar, dass die Kinder dennoch selbstverständlich die bestmögliche medizinische Betreuung erhalten, die Kosten hierfür tragen die Krankenanstalten. 
 
„Findelkinder haben es sich nicht ausgesucht, dass sie nicht bei ihren Eltern bleiben dürfen. Für sie muss, neben dem Zugang zur bestmöglichen medizinischen Versorgung, auch der nötige Kostenschutz durch die Krankenversicherung gewährleistet sein. Mit einer Resolution an den Bund und einem diesbezüglichen Brief an Gesundheitsminister Rudolf Anschober haben wir diesem wichtigen Thema den nötigen Nachdruck verliehen, sodass Findelkinder in den Bereich der anspruchsberechtigten Personen aufgenommen werden“, sind sich die LH-Stellvertreterin und die Landesrätin einig.