Landeskorrespondenz
(Presseaussendung vom 22. November 2021)
Mit der weltweiten Kampagne „16 Tage gegen Gewalt“ von 25. November bis 10. Dezember – dem internationalen Tag der Menschenrechte – soll auf das Ausmaß und die verschiedenen Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam gemacht werden. Wie wichtig es ist, dieses Tabuthema verstärkt in den Fokus zu rücken, zeigen mit dramatischer Deutlichkeit die Femizide der jüngsten Vergangenheit. Österreich liegt bei der Bekämpfung von Frauenmorden an drittletzter Stelle im europäischen Vergleich. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Gewalt an Frauen hat viele Gesichter. Jede fünfte Frau in unserem Land ist körperlicher, psychischer und/oder sexueller Gewalt ausgesetzt.
Kinder sind mitbetroffen
Gewalt an Frauen bedeutet oft auch Gewalt an Kindern. In 70% der Fälle werden nicht nur Frauen, sondern auch ihre Kinder misshandelt. Kinder sind viel zu oft aber auch stumme Zeug/innen von häuslicher Gewalt. „Jedes vierte Kind in Oberösterreich unter fünf Jahren lebt mit einer Mutter, der Gewalt widerfährt“, so die Kinder- und Jugendanwältin des Landes OÖ Mag.a Christine Winkler-Kirchberger. Sie ruft zu einer umfassenden Kinderschutzstrategie auf und weist darauf hin, dass die psychischen und körperlichen Folgen von Gewalt oft bis ins Erwachsenenalter wirken. Wer als Kind Gewalt erfahren hat, braucht später häufig professionelle Hilfe und Begleitung. Beobachtete Gewalt in der Kindheit erhöht für Mädchen zudem die Gefahr, später selbst Opfer von Gewalt durch ihren Partner zu werden.
30 Jahre gesetzliches Gewaltverbot – Was braucht es noch?
Auch über 30 Jahre nach der Verabschiedung der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, in der der Schutz aller Kinder vor Gewalt festgeschrieben ist, und der Einführung des gesetzlichen Verbots jeglicher Gewalt in der Erziehung in Österreich, ist die Familie für viele Kinder noch immer kein sicherer Ort. Gewalt durch die engsten Bezugspersonen, die eigentlich für den Schutz des Kindes verantwortlich wären, wirkt besonders traumatisierend. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft des Landes OÖ (KiJA OÖ) tritt deshalb für eine Bündelung von staatlichen Maßnahmen und Ressourcen ein, um die Gesellschaft für die unterschiedlichen Formen von Gewalt zu sensibilisieren und das gesetzliche Gewaltverbot, sowie das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung bekannter zu machen. Überdies braucht es kontinuierliche, zielgruppengerechte und vor allem niederschwellige Unterstützungsangebote. Ansätze hierfür können etwa die Etablierung von „Frühen Hilfen“, Familienberatungsangebote auch mit interkulturellen Zugängen oder der Ausbau von Beratungs- und Schutzeinrichtungen für Frauen und Mädchen sein. Im schulischen Bereich sind die Verankerung von Sozialem Lernen, Konfliktmanagement und Medienkompetenz sowie ausreichende Ressourcen für schulische Unterstützungssysteme, insbesondere der Schulsozialarbeit, erforderlich.
Gewaltpräventionsprojekt „Hinter der Fassade“
Mit dem Kooperationsprojekt „Hinter der Fassade“(www.hinter-der-fassade.at) der KiJA OÖ und dem Gewaltschutzzentrum OÖ steht ein umfangreiches Online-Informationsangebot für junge Menschen ab 14 Jahren zur Verfügung. Das darauf abgestimmte pädagogische Workshop-Konzept gibt Pädagog/innen ein Werkzeug an die Hand, um mit Jugendlichen häusliche Gewalt zu thematisieren, über Kinderrechte und Hilfsangebote zu informieren und dazu beizutragen, Jugendliche „stark” zu machen (Gratis Download: https://hinter-der-fassade.at/home/fur-padagoginnen-unterrichtsmaterial). Alle Workshop-Angebote können derzeit als Online- und als Präsenzveranstaltung gebucht werden.
Info- und Hilfsangebote der KiJA OÖ
Die KiJA OÖ bietet Hilfe – vertrauliche Beratung, kostenlos und auf Wunsch anonym. Ergänzt wird das Beratungsangebot durch ein breites Spektrum an Informationsmaterialien. Die Broschüren „Gewalt an Kindern“, „Gute Gründe für eine Erziehung ohne Gewalt“ und „Sexuelle Gewalt an Kindern“ sollen informieren, aufklären und stärkende Botschaften für Kinder vermitteln. Bezugspersonen und Multiplikator/innen erhalten Tipps und Hinweise, wie sie reagieren können, wenn der Verdacht auf Gewalt oder Missbrauch an einem Kind vorliegt, und welche Institutionen und Behörden in diesen Prozess in welcher Form eingebunden sind. Die Broschüren können kostenlos bei der KiJA OÖ angefordert werden und stehen unter www.kija-ooe.at zum Download bereit.
Bilder zum Download
Quelle: Land OÖ/Vanessa Ehrengruber, Verwendung mit Quellenangabe (2,51 MB).
Bildtext: Kinder- und Jugendanwältin Christine Winkler-Kirchberger (vorne Mitte) mit dem Team der KiJA OÖ: Stopp Gewalt!
Bildtext: Sujet „Hinter der Fassade“
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