Landeskorrespondenz
(Presseaussendung vom 17. Jänner 2022)
TramTrain-Konsortium mit oberösterreichischer Beteiligung vergibt vier Milliarden Auftrag an Stadler-Rail. Damit sichert sich Oberösterreich kostengünstige Ersatzbeschaffungen auf Lokalbahnen und fügt ein weiteres Puzzlestück beim Mega-Projekt Regionalstadtbahn ein.
In Oberösterreich wurde mit der Infrastrukturoffensive, welche 2019 zwischen ÖBB und dem Land OÖ paktiert wurde, der Turbo zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs gezündet. Neben dem Erhalt aller Regionalbahnstrecken, der Modernisierung von Bahnhöfen und Haltestellen und der Elektrifizierung der Schienentrassen besteht aber ebenfalls Bedarf an der Modernisierung des Fuhrparks, um zukünftige Anforderungen eines attraktiven ÖV-Systems erfüllen zu können. Besonders im Zusammenhang mit der Erweiterung des S-Bahn-Systems um zwei weitere Schienenverbindungen ins Mühlviertel wird der Bedarf von speziellen Schienenfahrzeugen zwingend notwendig.
Mit dem Durchbindungsprojekt Mühlkreisbahn und der Errichtung einer weiteren Stadtbahn von Linz nach Gallneukirchen/Pregarten wurde ein ÖV-Projekt der Superlative gestartet. „Eines der Hauptziele des Projekts ist es rasch, unkompliziert und bequem von den Umlandregionen zu zentralen Punkten innerhalb der Landeshauptstadt zu reisen. Um dies rechtlich und technisch zu ermöglichen, braucht es spezifische Stadtbahnfahrzeuge“, fasst Landesrat für Infrastruktur Mag. Günther Steinkellner zusammen.
Die zeitgerechte Beschaffung derartiger Fahrzeuge konnte nun im Zuge einer notwendig gewordenen Ersatzfahrzeugbeschaffung für Lokalbahnen in Oberösterreich und Teilnahme am international aufgestellten TramTrain-Projekt sichergestellt werden. Die notwendigen Beschlüsse dafür wurden im Januar 2020 und im Dezember 2021 im Landtag herbeigeführt.
Bei diesen Stadtbahnfahrzeugen (sog. TramTrains) handelt es sich um eine Symbiose aus Zug und Straßenbahn. Mit solch besonderen Mischformen können sämtliche Crashnormen, die außer- und innerstädtisch unterschiedlich ausgeprägt sind, erfüllt werden. Darüber hinaus kann ein hoher Reisekomfort, mit ausreichend Sitzplatzmöglichkeiten und WC-Einrichtungen, sowie die Nutzung auf Strecken mit unterschiedlichen Stromsystemen gewährleistet werden. Außerhalb der Stadt können somit Reisegeschwindigkeit von bis zu 100 km/h erzielt werden und dabei gleichzeitig im städtischen Bereich zentrale Haltestellen angefahren werden.
Gemeinsam sind wir stark – TramTrain Konsortium als weltweit einmaliges Best-Practice-Modell
“Die langen Vorlaufzeiten und der hohe finanzielle Aufwand bei der Beschaffung von Schienenfahrzeugen erfordern einen vorausschauend angelegten Beschaffungsvorgang. Als Mitglied eines Bestellkonsortiums können wir zahlreiche Vorteile nutzen“, erklärt Landesrat für Infrastruktur Mag. Günther Steinkellner.
Die Beschaffung von Schienenfahrzeugen stellt einen sehr zeit- und ressourcenaufwändigen Prozess dar. Vorlaufzeiten von mehreren Jahrzehnten, enorme finanzielle Aufwendungen, spezifische und detaillierte Anforderungsbestellungen und rechtlich komplexe Vergabeverfahren sind nur einige Komponenten des aufwändigen Prozesses. Daher wurde von Seiten des Infrastrukturressorts und der landeseigenen Schiene OÖ GmbH vorausschauend gearbeitet und alle Möglichkeiten in Betracht gezogen, wie der Bestellvorgang vereinfacht, wirtschaftlich effizient und mit möglichst raschen Lieferzeiten abgewickelt werden kann.
Mit mehreren Regionen aus Deutschland und Österreich, die ebenfalls auf das Multitalent der Stadtbahnfahrzeuge vertrauen, schloss man sich zu einem Projektkonsortium zusammen. Gemeinsam entwickelte man ein ganzheitliches Beschaffungskonzept, um mittels Großbestellung sowohl die Lieferzeiten zu minimieren, als auch den Preis der Tram-Trains effizient zu halten. Rund 20% der Anschaffungskosten können so eingespart und eine langfristig günstige Wartung sichergestellt werden. Dem Projektkonsortium gehören die Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), die Saarbahn Netz, das Land Salzburg, die Regional-Stadtbahn Neckar-Alb und die in Landeseigentum stehende Schiene Oberösterreich (Schiene OÖ GmbH) an.
„Ein Beschaffungskonzept, wie wir es hier umgesetzt haben, ist eine weltweite Innovation, die es nie zuvor gegeben hat. Jedes Mitglied profitiert vom geteilten Know-How und dem wirtschaftlichen Benefit“, so Steinkellner.
Stadler Rail AG erhält den Zuschlag
Nach einer europaweiten Ausschreibung ging der Zuschlag für den Bau von bis zu 504 (Festbestellung 246) Tram-Trains an die Firma Stadler Rail AG. In den kommenden zehn Jahren wird der renommierte Fahrzeughersteller mit Sitz im schweizerischen Bussnang für die sechs Partner des deutsch-österreichischen Projektkonsortiums Tram-Trains produzieren. Oberösterreich ist mit 70 Fahrzeugen (Festbestellung 20) vertreten. Die Ausschreibung umfasst neben der Fahrzeugentwicklung, -produktion, -inbetriebsetzung und -zulassung auch einen auf bis zu 32 Jahre (Festbestellung 16 Jahre) angelegten anschließenden Instandhaltungsvertrag mit dem Hersteller. Dadurch entsteht ein Gesamtprojektvolumen von bis zu rund vier Milliarden Euro. Für die Beschaffung der ersten 20 Fahrzeuge für Oberösterreich werden rund 106 Mio. Euro aufgewendet.
„Für das TramTrain – Projekt war zwar ein grenzüberschreitender Kraftakt aller Partner erforderlich. Die dadurch erreichten hohen Stückzahlen, das hohe Ausmaß an Standardisierung und die lange Verfügbarkeit bringen aber allen Beteiligten über einen langen Zeitraum Kostenvorteile und den Zugang zur modernsten Generation von Mehrsystemnahverkehrstriebwagen in Europa“, ist Dipl.-Ing. Herbert Kubasta, Geschäftsführer der Schiene Oberösterreich, vom gemeinsamen Beschaffungskonzept überzeugt und ergänzt: „Wir freuen uns schon jetzt auf den ersten Einsatz der Fahrzeuge im Jahr 2026“.
Fahrzeuge werden ab 2026 nach Oberösterreich ausgeliefert
Die ersten 20 Fahrzeuge für Oberösterreich werden ab 2026 an die Schiene Oberösterreich ausgeliefert und kommen auf oberösterreichischen Lokalbahnen zum Einsatz. Die Option auf weitere 50 Tram-Trains steht in Zusammenhang mit den aktuellen Planungen des Stadtregionalbahnsystems. Produziert werden die Tram-Trains im spanischen Valencia. An diesem Standort hat sich Stadler-Rail auf die Fertigung von Tram-Trains spezialisiert. Allen Fahrzeugen gemein ist die vollständige Barrierefreiheit, die Ausstattung mit einer Klimaanlage für Fahrgast- und Fahrerraum sowie die flexibel gestaltbaren geräumigen Mehrzweckbereiche mit Rollstuhlfahrerplätzen.
„Wir sind stolz darauf, Teil des innovativen internationalen Konsortiums zu sein. Für das Jahrhundertprojekt unserer Regionalstadtbahnen wollen wir Modernität und Mobilität optimal miteinander verbinden. Mit dem normalen Zug heißt es am Bahnhof – bitte aussteigen. Unser innovatives TramTrain-Konzept ist Eisenbahn und Straßenbahn in einem. Damit verknüpfen wir die Landeshauptstadt optimal mit der Region und werden Generationen von Oberösterreicherinnen und Oberösterreichern schnell, umweltfreundlich und umsteigefrei direkt ins Zentrum bringen. Mit dieser Auftragsvergabe fügen wir, ganz im Sinne unserer Mobilitätsinitiative Mobil ans Ziel ein weiteres Puzzlestück in den qualitativen und quantitativen Ausbau des ÖV in Oberösterreich ein“, so Steinkellner abschließend.