Präambel
Die COVID-19-Pandemie hat auf Grund der von der Österreichischen Bundesregierung und der Oö. Landesregierung auf Basis der COVID-19-Gesetze und COVID-19-Verordnungen gesetzten Maßnahmen auch zu erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen geführt. Verschiedene Förderprogramme des Bundes, wie insbesondere das Corona-Kurzarbeits-Modell, der Härtefall-Fonds, der Corona-Hilfs-Fonds, der ÖKB-Rahmen, Steuerbegünstigungen und andere Fördermaßnahmen unterstützen Unternehmer und Unternehmerinnen und Unternehmen bei der Bewältigung der durch die COVID-19-Krise entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Das für Klein- und Mittelbetriebe (KMU), Einzel-Personen-Unternehmen (EPU), Freie Berufe, Neue Selbständige und Landwirtschaftsbetriebe über das austria wirtschaftservice (aws) abzuwickelnde Förderprogramm des Bundes erscheint aus derzeitiger Sicht angemessene, unbürokratische und rasche Hilfe zu gewährleisten. Für große Unternehmen, die nicht mehr als KMU zu qualifizieren sind, also (i) 250 oder mehr DienstnehmerInnen beschäftigen und (ii) einen Jahresumsatz von mehr als EUR 50 Mio erwirtschaften oder eine Bilanzsumme von mehr als EUR 43 Mio. aufweisen, und damit nicht mehr in die aws-Förderabwicklung fallen, scheinen durch die Förderprogramme des Bundes alleine nicht ausreichend unterstützt. Deshalb hat sich das Land Oberösterreich entschieden, für oberösterreichische Großunternehmen ein ergänzendes Förderprogramm im Rahmen eines Haftungsrahmens auf Basis nachstehender Rahmenbedingungen aufzusetzen („Oö. COVID-19-Haftungsrahmen“).
1. Rechtlicher Rahmen
1.1. Insbesondere zur Vermeidung einer beihilfenrechtlichen Freistellung des gegenständlichen Förderprogramms oder einer Einzelfreistellung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 107 AEUV und in Anlehnung an das als Vorzeigemodell geltende Förderprogramm des Landes Oberösterreich anlässlich der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 gemäß Beschluss des Oö. Landtags vom 02.04.2009 hat sich das Land Oberösterreich dazu entschlossen, den OÖ COVID-19-Haftungsrahmen wiederum auf Grundlage der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Artikel 87 und 88 des EG-Vertrags auf staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (2008/C 155/02), im Folgenden kurz „Garantie-Mitteilung“ bezeichnet, aufzusetzen. Einzelgarantien gemäß Punkt 3.2 der Garantie-Mitteilung gelten nicht als staatliche Beihilfe, sofern die Voraussetzungen gemäß Punkt 3.2 der Garantie-Mitteilung erfüllt sind. Sofern daher keine Zweifel bestehen, dass die Anwendungsvoraussetzungen gemäß Punkt 3.2 der Garantie-Mitteilung vorliegen, bedarf die staatliche Beihilfe gemäß Punkt 3.6 der Garantie-Mitteilung keiner Anmeldung bei der Europäischen Kommission.
1.2. Der Oö. Landtag hat in seiner Sitzung vom 23.04.2020 die Rahmenbedingungen für den Oö. COVID-19-Haftungsrahmen beschlossen. Die Oö. Landesregierung hat in ihrer Sitzung vom 18.05.2020 den gegenständlichen Oö. COVID-19-Haftungsrahmen beschlossen.
2. Begünstigte Unternehmen
Eine Übernahme einer Haftung des Landes Oberösterreich nach diesem Oö. COVID-19-Haftungsrahmen erfolgt nur an Unternehmen, die nachstehende Voraussetzungen kumulativ erfüllen:
2.1. das Unternehmen hat (i) seinen im Firmenbuch eingetragenen Sitz oder eine im Firmenbuch eingetragene Zweigniederlassung und (ii) wesentliche Bereiche der Unternehmensleitung in Oberösterreich;
2.2. das Unternehmen übt eine wesentliche operative Tätigkeit auch in Oberösterreich aus und beschäftigt zumindest 100 DienstnehmerInnen in Oberösterreich, die für die Dauer der Haftung jedenfalls erhalten werden sollen;
2.3. das Unternehmen erfüllt die Kriterien eines „großen Unternehmens“ gemäß Artikel 2 Ziffer 24 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014b der Kommission vom 17.06.2014 („AGVO“), das heißt es (i) beschäftigt 250 oder mehr DienstnehmerInnen und (ii) erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als EUR 50 Mio oder weist eine Bilanzsumme von mehr als EUR 43 Mio. auf.
2.4. das Unternehmen ist kein Unternehmen des Finanzsektors;
2.5. das Unternehmen ist zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe im Sinne des Artikel 2 Ziffer 28 AGVO nicht als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ gemäß Punkt 3.2. lit a) der Garantie-Mitteilung in Verbindung mit Artikel 2 Ziffer 18 AGVO und der Mitteilung der Kommission 2014/C 249/01 zu qualifizieren; sofern eine insolvenzrechtliche Überschuldung erst nach Beginn des 01.03.2020 eingetreten ist, ist der Nachweis zu erbringen, dass auf Grund einer positiven Fortbestandsprognose zu erwarten ist, dass das Unternehmen die insolvenzrechtliche Überschuldung im Hinblick auf § 9 2.COVID-19-JuBG spätestens zum in § 9 Abs 3 2.COVID-19-JuBG genannten Zeitpunkt behebt;
2.6. das Unternehmen hat ein langfristiges Existenzsicherungskonzept vorzulegen.
2.7. Eine Garantieübernahme im Rahmen des Corona-Hilfsfonds des Bundes (ÖKB-Überbrückungsgarantien für Großbetriebe) ist nicht oder nicht ausreichend möglich.
3. Verwendungszweck der Förderung
Die Förderung in Form einer Ausfallsbürgschaft des Landes Oberösterreich dient der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und der Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten. Sie dient nicht der vorzeitigen Rückführung bestehender Finanzierungen, sondern der Aufnahme neuer Finanzierungslinien zur Finanzierung laufender operativer Ausgaben im Sinne des Punktes 5.4 der Verordnung BGBl.-II-Nr. 143 vom 08.04.2020
4. Art und Höhe der Förderung, Förderkriterien
4.1. Die Förderung erfolgt als Ausfallsbürgschaft des Landes Oberösterreich gemäß § 1356 ABGB in Höhe von höchstens 80 % der jeweils offenen Kapitalverbindlichkeit aus der(n) neuen Kreditlinie(n). Eine Haftung für Zinsen, Nebengebühren und Kosten ist ausgeschlossen. Die Ausfallsbürgschaft ist mit einem absoluten Betrag von EUR 15 Mio. pro Unternehmen und mit einem Gesamthaftungsvolumen von EUR 300 Mio. begrenzt.
4.2. Es besteht kein wie immer gearteter Rechtsanspruch auf Gewährung einer Haftung, auf Ausschöpfung des Haftungsbetrages und insbesondere jedenfalls kein Rechtsanspruch auf Haftung für den Fall der erfolgten Ausschöpfung des Gesamthaftungsvolumens.
4.3. Das Land Oberösterreich behält sich vor, über die Gewährung von Haftungen nach Maßgabe geeigneter Beurteilungskriterien, insbesondere auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Finanzierungsbedarfs und sonstiger staatlicher Förderungen sowie arbeitsmarktpolitischer, volkswirtschaftlicher und/oder zeitlicher Kriterien etc. zu entscheiden, insbesondere ob, wann und welchem Unternehmen und in welcher Höhe eine Förderung gewährt wird. Sofern beihilfenrechtlich zulässig, kann nach Maßgabe des Punktes 2.7 eine Haftungsgewährung durch das Land Oberösterreich auch zusätzlich zur Inanspruchnahme sonstiger staatlicher Förderungen erfolgen. Das Land Oberösterreich wird sich dabei auch des eingerichteten Wirtschaftsbeirats bedienen und bei seiner Entscheidung die Empfehlung des Wirtschaftsbeirats auf Basis seines erstatteten Gutachtens berücksichtigen. Die Entscheidung über eine Haftungsübernahme trifft letztendlich unanfechtbar die Oö. Landesregierung.
5. Laufzeit der Haftung
Die Dauer der Ausfallsbürgschaft ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu vereinbaren. Dabei ist auch auf die Beurteilung im Zuge der zu erstellenden Fortbestandsprognose abzustellen. Jedenfalls darf die Dauer der Ausfallsbürgschaft den Zeitraum von acht Jahren nicht übersteigen. Wenn möglich soll eine lineare Tilgung der behafteten Kredite vereinbart werden.
6. Haftungsentgelt
Für die Übernahme der Ausfallsbürgschaft hat das Unternehmen an das Land Oberösterreich ein marktübliches Haftungsentgelt im Sinne des Punktes 3.2 lit. d der Garantie-Mitteilung (siehe Punkt 1.1) zu bezahlen.
7. Sonstige Verpflichtungen des Unternehmens
7.1. Das Unternehmen hat im Zusammenhang mit den zu besichernden neuen Kreditlinien zu vereinbaren, dass diese nur unter mit dem Land Oberösterreich abgestimmten Bedingungen vorzeitig fällig gestellt werden dürfen. Das finanzierende Institut hat auf die Dauer der Ausfallshaftung ein aliquotes Ausfallsrisiko zu tragen. Die (wirtschaftlichen) Eigentümer des Unternehmens haben angemessene Beiträge zur Existenzsicherung zu leisten, die im Einzelfall zu verhandeln sind. Das Unternehmen hat Sicherheiten beizubringen. Es sind geeignete Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Arbeitsplätze und zur Standortabsicherung zu treffen. Dem Land Oberösterreich sind angemessene Auskunfts- und Einsichtsrechte einzuräumen; das Unternehmen hat sich zu angemessenen Monitoringmaßnahmen zu verpflichten. Jedenfalls ist offenzulegen, welche sonstigen Förderungen das Unternehmen erhalten hat bzw. welche sonstigen Förderanträge gestellt oder auch abgelehnt wurden.
7.2. Das Land Oberösterreich wird dem Förderwerber und dem finanzierenden Institut eine Mustervertragsdokumentation zur Verfügung stellen, die die Basis für den Abschluss einer Vereinbarung über eine Ausfallsbürgschaft ist.
8. Gültigkeit
Die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des Oö. COVID-19-Haftungsrahmens ist mit 31.12.2021 begrenzt. Die Oö. Landesregierung behält sich vor, dem Landtag eine Verlängerung der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Haftungsrahmens vorzuschlagen.
9. Wirtschaftsbeirat
Zur Vorbereitung der Vergabe der Haftungen wird ein Wirtschaftsbeirat eingerichtet, der seine Tätigkeit in fallspezifischen Kommissionen ausübt.