Quelle: Österreichisches Institut für Bautechnik, Richtlinie 6 2019
Der Energieausweis...
- ist der Energie-Typenschein für ein Gebäude.
- schafft ein Gütesiegel für die Energie-Qualität von Gebäuden.
- macht den Energiebedarf und die Energieeffizienz von Gebäuden "sichtbar".
- ermöglicht mehr Transparenz, Vergleichbarkeit und Wettbewerb – für Planerinnen und Planer, für Errichterinnen und Errichter, für Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Vermieterinnen und Vermieter, für Kauf- und Mietinteressentinnen und -interessenten.
- zeigt Energiesparpotenziale auf und gibt Impulse für die energetische Optimierung von Gebäuden.
Mit der "EU-Gebäuderichtlinie 2002" (Richtlinie 2002/91/EG) wurde der Energieausweis europaweit vorgeschrieben, und zwar für praktisch alle Gebäude, sowohl Neubau als auch Bestand und auch für Nicht-Wohngebäude, wie z.B. Büro- und Betriebsgebäude. Die Umsetzung der "EU-Gebäuderichtlinie 2002" wurde in Oberösterreich mit der am 1.1.2009 in Kraft getretenen Oö. Bautechnikverordnungs-Novelle 2008 abgeschlossen.
Mit der Neufassung der "EU-Gebäuderichtlinie 2010" (Richtlinie 2010/31/EU) wurde gegenüber der Erstausgabe in erster Linie eine Präzisierung vorgenommen und der Primärenergiebedarf als wesentliche Kenngröße eingeführt.
Der Energieausweis ist nicht nur im Bauverfahren – die landesrechtliche Einführung erfolgte in OÖ bereits 1999 - sondern auch bei Vermietung, Verpachtung und Verkauf erforderlich (Bundesrecht). Diesen privatrechtlichen Anwendungsbereich des Energieausweises regelt der Bund im Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 (EAVG 2012), BGBl. I Nr. 27/2012. Seit bereits 1. Dezember 2012 muss in Inseraten (in elektronischen sowie auch in Printmedien) verpflichtend die Angabe des Heizwärmebedarfs und des Gesamtenergieeffizienzfaktors (f GEE) erfolgen. Diese Pflicht gilt sowohl für die Verkäuferin oder den Verkäufer, die Bestandgeberin oder den Bestandgeber als auch für die bzw. den von dieser bzw. diesem beauftragten Immobilienmaklerin bzw. den Immobilienmakler.
Form und Inhalt des Energieausweises sind landesrechtlich geregelt. Im Sinne der Harmonisierung der bautechnischen Vorschriften in Österreich regelt die mit 1. September 2020 in Kraft getretene Oö. Bautechnikverordnungsnovelle 2020 dies nicht explizit, sondern verweist auf die OIB-Richtlinie 6 "Energieeinsparung und Wärmeschutz", Ausgabe 2019 des Österreichischen Institutes für Bautechnik. Auf der ersten Seite des Energieausweises ist als wichtigstes Merkmal die Effizienzskala dargestellt, auf der zweiten Seite sind die technischen Details zu den Energie- und Gebäudedaten zu finden gefolgt von den technischen Beiblättern (Anhang).
- HWBRef.SK: Der Referenz-Heizwärmebedarf beschreibt jene Wärmemenge, welche den Räumen zur Aufrechterhaltung einer Raumtemperatur von 22 °C rechnerisch am Standort des Gebäudes zugeführt werden muss (SK...Standortklima). Allfällige Erträge aus Wärmerückgewinnung von Lüftungsverlusten finden im Gegensatz zum HWBSK oder HWBRK keine Berücksichtigung.
- PEBSK: Der Primärenergiebedarf schließt die gesamte Energie für den Bedarf im Gebäude einschließlich des Aufwandes für die Energieaufbringung (Herstellung, Transport) mit ein. Er ist ein Indikator für den Bedarf an Energieressourcen.
- CO2eq,SK: Diese Kenngröße beschreibt die dem gesamten Energiebedarf im Gebäude zuzurechnenden Kohlendioxidemissionen, einschließlich jener für Transport und Erzeugung sowie aller Verluste. Er ist ein Indikator in Hinblick auf Klimaschutz.
- fGEE,SK: Der Gesamtenergieeffizienzfaktor beschreibt die Effizienz des Gebäudes inkl. der haustechnischen Anlagen. Das Gebäude in seiner Gesamtheit wird verglichen mit einem Gebäude gleicher Geometrie, das jedoch wärmetechnisch und haustechnisch nach den Anforderungen der OIB RL 6, Ausgabe 2007 ausgestattet ist. Je kleiner dieser Wert ist, umso effizienter ist das Gebäude. Ein fGEE von 0,8 bedeutet z.B., dass die Gesamtenergieeffizienz um 20% besser ist als nach den Anforderungen der OIB RL 6, Ausgabe 2007 gefordert war.
Der Energieausweis für Wohngebäude enthält:
- diverse Anforderungswerte an den "Referenz-Heizwärmebedarf", "Endenergiebedarf", "Gesamtenergieeffizienzfaktor" und den "Erneuerbaren Anteil" (Nutzung erneuerbarer Quellen)
- den "Heizwärmebedarf" detailliert dargestellt einerseits am Standort des Gebäudes im Vergleich zu einem Referenzstandort für ganz Österreich und andererseits spezifisch bezogen auf die Brutto-Grundfläche des Gebäudes inkl. allfälliger Erträge aus Wärmerückgewinnung
- den "Warmwasser-Wärmebedarf"
- den "Haushaltsstrombedarf"
- den "Endenergiebedarf" des Gebäudes
- den "Primärenergiebedarf"
- die "Kohlendioxidemissionen"
- den "Gesamtenergieeffizienzfaktor"
- Empfehlungen für Maßnahmen (ausgenommen bei Neubau bzw. unmittelbar nach vollständig durchgeführter größerer Renovierung)
Bei Wohngebäuden (WG) wird zwischen den folgenden Gebäudekategorien (Gebäudekategorie 1-3) unterschieden:
- Wohngebäude mit einer oder zwei Nutzungseinheiten
- Wohngebäude mit drei bis neun Nutzungseinheiten
- Wohngebäude mit zehn und mehr Nutzungseinheiten
Der Energieausweis für Nicht-Wohngebäude enthält zusätzlich:
- den Kühlbedarf des Gebäudes
- den Energiebedarf für die haustechnischen Anlagen, und zwar getrennt für Heizung, Kühlung, mechanische Belüftung sowie für die Beleuchtung des Gebäudes.
Bei Nicht-Wohngebäuden (NWG) wird zwischen den folgenden Gebäudekategorien (Gebäudekategorie 4-12) unterschieden:
Bürogebäude, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Heime, Beherbergungsbetriebe, Gaststätten, Veranstaltungsstätten und Mehrzweckgebäude, Sportstätten, Verkaufsstätten
Für Sonstige Arten Energie verbrauchender Gebäude (SKG) der Gebäudekategorie 13 gilt folgendes:
Für Sonstige konditionierte Gebäude bzw. Gebäudeteile entsprechend der Gebäudekategorie 13 gelten bei Neubau und Renovierung nur die U-Wert Anforderungen und ein Energieausweis ist erforderlich.
- Jede bzw. jeder, die bzw. der ein Gebäude neu-, zu- oder umbaut oder eine "größere Renovierung" (gemäß § 2 Oö. Bautechnikgesetz 2013) vornimmt, muss der Baubehörde einen Energieausweis vorlegen.
- Sofern ein Energieausweis vorhanden ist, sind Eigentümerinnen und Eigentümer von Nicht-Wohngebäuden mit einer konditionierten (beheizten, gekühlten) Brutto-Grundfläche von über 500 m², die starken Publikumsverkehr aufweisen, zum Aushang an einer gut sichtbaren Stelle im Bereich des Haupteinganges verpflichtet.
- Von Behörden genutzte Nicht-Wohngebäude mit einer konditionierten (beheizten, gekühlten) Brutto-Grundfläche von über 250 m² müssen den Energieausweis an einer gut sichtbaren Stelle im Bereich des Haupteinganges aushängen. Falls es keinen bestehenden, gültigen Energieausweis gibt, ist dieser für diesen Zweck auszustellen.
- Jede bzw. jeder, die bzw. der ein Gebäude oder einen Teil davon (z.B. eine Wohnung) verkauft, vermietet oder verpachtet – also die Verkäuferin bzw. der Verkäufer, die Vermieterin bzw. der Vermieter, der Käuferin bzw. dem Käufer oder der Mieterin bzw. dem Mieter nach dem Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 des Bundes.
- In Inseraten (in elektronischen sowie auch in Printmedien) muss verpflichtend die Angabe des Heizwärmebedarfs und des Gesamtenergieeffizienzfaktors (f GEE) erfolgen. Diese Pflicht gilt sowohl für die Verkäuferin bzw. den Verkäufer oder die Bestandgeberin bzw. den Bestandgeber als auch für die oder den von dieser oder diesem beauftragten Immobilienmaklerin bzw. Immobilienmakler.
Ein Energieausweis wird für die meisten Gebäudekategorien benötigt, also für Wohngebäude und für Nicht-Wohngebäude. Es gibt nur wenige Ausnahmen (z.B. für Gebäude, die nur frostfrei gehalten werden, für provisorische Gebäude oder für Gebäude mit höchstens 50 m2). Die Ausnahmen sind im Detail in der OIB-RL 6, Ausgabe 2019, geregelt.
Der Energieausweis wird grundsätzlich für das gesamte Gebäude erstellt, kann aber auch für eine einzelne Wohnung oder ein Geschäftslokal innerhalb eines Gebäudes erstellt werden. Sollte es in einem Gebäude mehrere Nutzungszonen (z.B. Wohnbereich und Geschäftsbereich) geben, erfolgt die Zuordnung zu einer Gebäudekategorien anhand der überwiegenden Nutzung, sofern andere Nutzungen jeweils 250 m² Netto-Grundfläche nicht überschreiten. Wenn für eine Nutzung 250 m² Netto-Grundfläche überschritten werden, wird dies im Detail in der OIB-RL 6, Ausgabe 2019, geregelt.
Die Inhalte, Berechnungsvorschriften und Anforderungen werden in jedem Bundesland durch Landesgesetze geregelt. Es wurden gemeinsame technische Richtlinien und Normen ausgearbeitet. Bezüglich der Berechnung verweisen die Bundesländer auf diese Standards, bezüglich der Anforderungen weichen einige Bundesländer in ihrer Gesetzgebung aber von diesen ab.
An der Linzer HTL 1 Bau & Design wurde in einer Diplomarbeit die Methodikänderung der Berechnung von Energieausweisen nach der OIB Richtlinie 6, Ausgabe 2019 und deren Auswirkungen auf die Ergebnisse im Vergleich zur OIB Richtlinie 6, Ausgabe 2015 behandelt. Es wurden die wesentlichsten Energiekennzahlen und deren Veränderung von vier Einfamilienhäusern sowie drei Mehrfamilienhäuser berechnet und zusammengestellt. Die Diplomarbeit „Vergleich Parameterstudie nach OIB Richtlinie 6 Ausgabe 2015/2019“ ist nachfolgend unter den „Weiterführenden Informationen“ abrufbar.
Nähere Informationen zum Energieausweis erhalten Sie bei der Abteilung Umweltschutz, Gruppe Bauphysik, Telefon: (+43 732) 77 20-145 43 sowie beim O.Ö. Energiesparverband, Telefon: (+43 732) 77 20-143 80 beziehungsweise in Bezug auf Rechtsfragen bei der Direktion Inneres und Kommunales, Gruppe Bau- und Abgabenrecht, Telefon: (+43 723) 77 20-124 71.
Weiterführende Informationen
- Österreichisches Institut für Bautechnik (OIB) .
- Oberösterreichischer Energiesparverband .
- Diplomarbeit „Vergleich Parameterstudie nach OIB Richtlinie 6 Ausgabe 2015/2019“ .
Berechnungs- und Rechtsgrundlagen im Detail:
- Europäische Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 2010 .
- OIB-Richtlinie 6, Ausgabe 2019 .
- Oö. Bauordnung 1994 in der gültigen Fassung .
- Oö. Bautechnikgesetz 2013 in der gültigen Fassung .
- Oö. Bautechnikverordnung 2013 in der gültigen Fassung (letzte Novelle 2020) .
- Energieausweis-Vorlage-Gesetz 2012 .