Maßnahmen sollen so konzipiert sein, dass sie dauerhaft wirken. Sandsackersatzsysteme bzw. mobile Verschlüsse (z.B. Dammbalken), die nur temporär wirksam sind, bieten bei Hangwasserabflüssen nur eingeschränkt Schutz. Es gibt keine Vorwarnung vor drohenden Hangwasserabflüssen und daher in Folge keine Rüstzeit für das Anbringen derartiger, temporär wirksamer Schutzmaßnahmen.
Kann eine Gefährdung durch Oberflächenabfluss für das zu bebauende Grundstück nicht ausgeschlossen werden, so soll das Bauobjekt so auf dem Grundstück platziert werden, dass eine Beeinträchtigung des Oberflächenabflussgeschehens nicht erfolgt und somit die neu zu errichtenden Anlagen und Dritte nicht zu Schaden kommen. Abflusswirksame Gräben und Mulden sollen erhalten bleiben.
Die Erhebung zur Gefährdung durch Oberflächenabfluss ist durch den Antragsteller zu dokumentieren und der Baubeschreibung beizufügen.
Wenn es die Ausformung eines Grundstücks nicht erlaubt, dass durch Bebauung der Oberflächenabfluss unverändert bleibt, sollten Anlagen so errichtet werden, dass der Oberflächenabfluss keine Schäden an den Anlagen selbst verursachen kann (Eigenschutz). Auch für Dritte dürfen keine negativen Folgen auf Grund der Baumaßnahmen bzw. Anlagen entstehen (Fremdschutz). Entscheidend ist ein zu erwartender Bemessungsregen mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 100 Jahren und insbesondere einer Regendauer von 30 Minuten (N100, D30).
Eigenschutz
Worauf ist bei der Ausführung eines Objektes zu achten, damit dieses keinen Schaden bei Hangwasserabflüssen nimmt? Empfehlungen für "hangwassergeschützte" Gestaltung des Objektes
- Gebäudeöffnungen über das umgebende Gelände anheben! Wenn Hangwasserabflüsse nicht ausgeschlossen werden können, sind Gebäudeöffnungen mindestens 20 cm über dem erwartbaren Überflutungsniveau anzulegen. Als Gebäudeöffnungen sind z.B. Lichtschächte, Kellerfenster, Kellertüren, Kellerabgänge, Kellerabfahrten und Rohrdurchführungen anzusehen. Abfahrten in Tiefgaragen und außenliegende Kellerabgänge sind durch Errichtung einer Schwelle oder Stufe vor einströmendem Oberflächenwasser zu schützen.
- Bei der Geländegestaltung ist Vorsorge zu treffen, dass keine Mulden hergestellt werden, die die geplanten Anlagen gefährden.
- Ebenso ist das Zuleiten von Hangwasser zu den Objekten/Anlagen bei der Geländegestaltung zu vermeiden.
- Die Geländegestaltung soll so erfolgen, dass das Gelände ein ausreichendes Gefälle von den Objekten/Anlagen weg aufweist.
- Zumindest bis auf Höhe der Gebäudeöffnungen sind wasserbeständige Baustoffe zu verwenden.
- Auftriebssicherheit des Objektes beachten: Soweit für das Grundstück eine Gefährdung durch Oberflächenabfluss besteht und der Eintritt von Oberflächenwasser oder zeitweilig hoch anstehendem Grundwasser in die Rollierung rund um das Objekt nicht auszuschließen sind, ist das Objekt auftriebssicher zu planen. Als ungünstigster Lastfall gilt der (ausgeschalte) Keller ohne Kellerdecke. Auch wenn der Arbeitsgraben um das Objekt z.B. durch Rollierschotter bereits verfüllt ist, kann Auftriebsgefahr bestehen, da sich der Porenraum neben und unter dem Objekt in kürzester Zeit mit Wasser füllt, wenn dies auf Grund der Gefälleverhältnisse möglich ist.
- Rückstau aus dem Kanal: Die maßgebliche Rückstauebene aus dem Kanal ist bei der Projektierung der Abwasserentsorgungsanlage zu berücksichtigen (Auskunft z.B. beim zuständigen Abwasserverband, Gemeindeamt oder Magistrat). Bei einem Starkregenereignis kann sich das Abwassersystem im Haus bis über das Höhenniveau der Einlaufgitter oder Schachtdeckel der damit verbundenen Straßenkanalschächte mit Abwasser füllen. So kann Abwasser über Abflussöffnungen im Haus, die tiefer liegen als die Rückstauebene des Kanals (WC, Waschmaschine, Waschbecken, Dusche etc. im Keller), austreten. Rückstauklappen sind bei offensichtlicher Gefährdung durch Rückstau aus dem Kanal nur als eingeschränkt geeignet anzusehen. Es wird daher empfohlen, Abwasseranschlüsse oberhalb der Rückstauebene zu situieren bzw. mittels eines Hebewerks tiefer gelegene Einläufe über die Rückstauebene zu heben und konstruktiv das Rückströmen von Abwasser aus dem Kanal ins Objekt zu unterbinden.
Es wird unabhängig von einer bekannten Hangwassergefährdung empfohlen, Gebäudeöffnungen über das umgebende Gelände anzuheben, um ein Eindringen von Oberflächenwasser zu vermeiden.
Weiterführende Informationen
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HANGWASSER-OBERFLÄCHENWÄSSER: Checkliste für Planer für die Erstellung von Bauplänen
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Die Checkliste soll helfen, Aspekte des Hangwassers bei der Errichtung von Objekten zu berücksichtigen.
Fremdschutz - Vermeidung negativer Folgen für Dritte
Versickerung bzw. gedrosselte Ableitung der am Grundstück anfallenden Wässer
Die auf der Liegenschaft anfallenden Oberflächenwässer sind grundsätzlich bei versickerungsfähigem Untergrund vor Ort - sofern grundwasserfachlich zulässig und kein geogenes Baugrundrisiko besteht - zu versickern.
Bei unzureichend versickerungsfähigem Untergrund sind die Oberflächenwässer rückzuhalten und gedrosselt in einen Vorfluter bzw. Regenwasserkanal einzuleiten. Die Retention erfolgt nach dem DWA-Regelwerk DWA-A117 unter gedrosselter Ableitung wie folgt:
- Für einen 30-jährlichen Bemessungsregen entsprechend dem natürlichen Grünlandabfluss mit einer 2-stufigen Drossel.
- Der 5-jährliche Bemessungsregen ist auf den 1-jährlichen Grünlandabfluss und
- der 30-jährliche Bemessungsregen ist auf den 5-jährlichen Grünlandabfluss zu drosseln.
Die geordnete Oberflächenentwässerung muss bei (Teil)-Bebauung wirksam sein. Bei nicht sickerfähigem Untergrund kann als Richtwert ein Speichervolumen von 4 m³ je 100 m² und eine Drosselwassermenge von 0,5 l/s je 100 m² versiegelter Fläche (Dachflächen, Asphaltflächen und versiegelte Untergründe mit verschiedensten Belägen) angesetzt werden.
Errichtung eines Bauwerkes zur Durchleitung von Oberflächenwässern, die von außen her auf das Grundstück einströmen
Wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Hangwassergefährdung für das Baugrundstück besteht und der Oberflächenabfluss durch das Bauvorhaben an den Grundstücksgrenzen verändert wird, ist ein Bauwerk für die Durchleitung von Hangwasser zu planen und zu errichten. Mit dieser Durchleitung der Hangwässer, die von außen her auf ein Grundstück einströmen, ist sicher zu stellen, dass die Abflussverhältnisse nach Errichtung der Anlagen gegenüber den Verhältnissen vor Errichtung der Anlagen vergleichbar sind und Eintritts- und Austrittspunkt von Oberflächenwässern an den Grundstücksgrenzen gegenüber dem Zustand vor Bebauung damit unverändert bleiben. Das Durchleitungsbauwerk muss fachkundig von einem Befugten bemessen und projektiert werden!
Die Bemessung eines Durchleitungsbauwerkes ist auf den 100-jährlichen Niederschlag mit einer Dauerstufe von 30 Minuten (N100, D30) vorzunehmen. Bei Niederschlagsereignissen über dem Bemessungsereignis kommt es zur Überlastung des Bauwerks (Restrisiko).
Bauwerke zur Behandlung des Hangwassers sind jedenfalls dann einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu unterziehen, wenn sie im HQ30-Abflussbereich eines Gewässers errichtet werden oder die gesammelten Hangwässer in ein Gewässer eingeleitet werden. Sofern keine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist, ist das projektierte Durchleitungsbauwerk Gegenstand des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens.
Weiterführende Informationen