Gewässerökologie/Renaturierung

Erfolgsprojekt Renaturierung Naarn ist Vorbild für den oberösterreichischen Weg in eine nachhaltige Wasserzukunft

In den 1960er Jahren wurde die Naarn auf Grund der häufigen Überflutungen der Perger Au sowie der hohen Grundwasserstände in ein starres Korsett gezwängt. Hochwässer sollten rasch abgeleitet und die Agrarflächen weitgehend trockengelegt werden, um gut bewirtschaften zu sein. In den darauffolgenden Jahren erkannte man, dass ein derart gelenkter, begradigter Flusslauf neben den Vorteilen für den Hochwasserschutz und für die Landnutzung ebenso seine Kehrseite hatte. Die gestreckte Linienführung, das durchgehend gleichförmige Trapezprofil ließen ein monotones, strukturloses Gerinne entstehen. Das Fehlen intakter Lebensräume hatte zur Folge, dass es zu einer extremen Verarmung an Gewässerorganismen wie Fischen und Kleinlebewesen kam.

Um wieder Leben in den Fluss zu bringen und die Renaturierung der Naarn möglich zu machen, brauchte es neben der EU-Wasserrahmenrichtlinie den 1. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, der 2009 in Kraft trat und eine Finanzierungsmöglichkeit für Renaturierungsprojekte gegeben hat. Darüber hinaus braucht es aber auch die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Initiative der Bürgermeister:innen und Gemeinderäte, um derartig große und kostenintensive Projekte vorantreiben zu können.

Der Start des ersten Renaturierungsprojektes erfolgte an der Tobrabachmündung. Die Ergebnisse waren so überzeugend und ansteckend, dass weitere Renaturierungsabschnitte folgten: Anbindung der Naarn an den Hüttinger Altarm, Renaturierung Hauswiesen, Renaturierung Kaindlau und schließlich die Renaturierung in Perg-Kickenau. Im Bereich Wagra wurde die Naarn im Zuge der Realisierung des Hochwasserschutzprojektes Machland-Nord auf einer Länge von 2 Kilometer verlegt und so gleichzeitig auch naturnah gestaltet.

All diese Renaturierungsmaßnahmen verfolgen ein gemeinsames Ziel:

Um sich dem guten ökologischen Zustand eines Gewässers anzunähern und die ökologische Funktionsfähigkeit des Flusslebensraumes zu verbessern, ist es notwendig, der Natur bzw. dem Gewässer wieder mehr Raum zu geben. Naturnahe Lebensräume werden geschaffen und die natürliche Dynamik der Fließgewässer mit ihren vielfältigen ökologischen Funktionen wiederhergestellt.

Renaturierung Naarn als Musterstück und Vorbild für andere Gemeinden – 200 Millionen Euro im neuen Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan

Mittlerweile ist der 3. Nationale Gewässerbewirtschaftungsplan in Kraft getreten und stellt bis 2027 rund 200 Millionen Euro für die Verbesserung des ökologischen Zustandes der Gewässer in Österreich zur Verfügung.

Mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) haben sich im Jahr 2000 alle europäischen Staaten verpflichtet, einen guten ökologischen Zustand in den Gewässern wiederherzustellen und eine weitere Verschlechterung zu verhindern. Die Maßnahmenprogramme zur Erreichung dieser Ziele werden im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) festgelegt. Ziel dieses Plans ist einerseits der Schutz und die Verbesserung der Gewässer und andererseits auch deren nachhaltige Nutzung. Er ist ein flussgebiets- bzw. grundwasserkörperbezogenes Planungsinstrument, das alle sechs Jahre überarbeitet wird.

Ausgehend von einer Ist-Zustandserhebung werden Maßnahmen festgelegt, welche die Erreichung und Erhaltung des von der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) geforderten „guten ökologischen Zustands“ bzw. „guten ökologischen Potentials“ unter Berücksichtigung verschiedener Interessen bewirken sollen. Für die Maßnahmenfestlegung ist das Kosten-Nutzen-Prinzip bzw. die Prioritätenfestlegung maßgeblich. Der 3. NGP ist nach umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung mit 10. Mai 2022 in Kraft getreten und legt die Maßnahmen zur Erreichung des guten Zustands für die nächsten 6 Jahre fest. Die Umsetzung wird durch umfassende Förderprogramme unterstützt und durch die dazugehörige NGP Verordnung rechtlich verbindlich.

Welche Maßnahmen sind im 3. NGP in geplant?

In den Gewässerbewirtschaftungsplänen wurden Gewässerstrecken ausgewählt, die eine besonders hohe Sanierungspriorität aufweisen. Diese liegen vor allem an den größeren Flüssen und den Unter- bis Mittelläufen ihrer wichtigsten Zubringer. Während der Fokus der beiden ersten Planungsperioden auf der Wiederherstellung der Längsdurchgängigkeit sowie der Sicherstellung einer ausreichenden Restwasserabgabe lag, setzt der neue NGP einen besonderen Fokus auf die Verbesserung des Lebensraums Gewässer durch Gewässerrenaturierungen in diesen prioritären Sanierungsbereichen. Die Verbesserung der Lebensraumverhältnisse soll die Artenvielfalt in den Gewässern erhöhen und die Widerstandskraft der Lebensgemeinschaften stärken. In Oberösterreich gibt es dafür Potenzial bei rund 200 Gewässerstrecken.

Das Maßnahmenset reicht von lokalen Verbesserungen der Flussbettstrukturen im bestehenden Abflussprofil ohne zusätzlichen Flächenbedarf (kleine Maßnahmen), bis zu Aufweitungen und einer Wiederannäherung des Gewässerbetts an den ursprünglichen Flusstyp (mittlere und große Maßnahmen). Herausforderung bei der Umsetzung ist insbesondere die Grundverfügbarkeit, um den Gewässern wieder Raum zur Entwicklung zu geben. Diese Verbesserungen kommen aber nicht nur der Natur zu Gute: wie bereits umgesetzte Beispiele zeigen, entstehen dadurch gleichzeitig auch wertvolle Naherholungsräume für die Bevölkerung, die sehr gerne genutzt werden.

Umfangreiche Fördermöglichkeiten

Gemeinden und Verbände, welche gewässerökologische Maßnahmen durch Anpassung bzw. Renaturierung älterer Flussregulierungen umsetzen möchten, um so an den oö. Schwerpunktgewässerstrecken den guten ökologischen Zustand wiederherzustellen, finden dafür umfangreiche Fördermöglichkeiten vor. Wer rasch Projekte einreicht, kann bis zu 98 Prozent der Kosten im Rahmen des Umweltförderungsgesetzes (UFG – Gewässerökologie) und des Biodiversitätsfonds gefördert bekommen