Landesgrundverkehrskommission
beim Amt der Oö. Landesregierung
Bahnhofplatz 1
4021 Linz
B e s c h e i d
Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat mit Bescheid vom 11. Mai 2011, Agrar20-10-2011, die mit Übergabsvertrag vom 22. Dezember 2009 vorgesehene Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. x8, GB. 00000 H., durch Herrn J. E. und Frau M. E. an Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. nicht genehmigt.
Dagegen richten sich die Berufungen der Frau M. W., des Herrn Johann E. und des Herrn Josef E.
Hierüber ergeht gemäß § 58 AVG. nachstehender
S p r u c h :
Den Berufungen wird F o l g e g e g e b e n und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. x8, GB. 00000 H., durch Herrn J. E. und Frau M. E. an Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. auf Grund des Übergabsvertrages vom 22. Dezember 2009 und des Liegenschaftsbewirtschaftungsvertrages, abgeschlossen zwischen Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. vom 6. Februar 2012 mit der Auflage genehmigt wird, die im Übergabsvertrag vom 22. Dezember 2009 vereinbarten wechselseitigen Vorkaufsrechte und das Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten Herrn J. E. und Frau M. E. sowie die im Liegenschaftsbewirtschaftungsvertrag vom 6. Februar 2012 vereinbarten Regelungen, insbesondere die Regelungen zur Einheit der Liegenschaft, Aufgriffsrecht von Liegenschaftsanteilen durch die übrigen Miteigentümer, der laufenden Bewirtschaftung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, den Verzicht auf Einbringung einer Teilungsklage gemäß § 830 ABGB. und Errichtung eines Erhaltungsfonds mit einem Mindesteinlagenstand von 5.000 Euro aufrecht zu halten und die Liegenschaft ordnungsgemäß zu bewirtschaften.
Rechtsgrundlage: §§ 1 bis 5, 12 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF.
Frau M. W., Herr Johann E. und Herr Josef E. haben eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von 65 Euro binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides mit dem angeschlossenen Erlagschein an das Amt der Oö. Landesregierung zu entrichten.
Für die Entrichtung der Verwaltungsabgabe haften die Parteien (§ 31 Abs. 2 Oö. GVG 1994) als Gesamtschuldner.
Rechtsgrundlage: § 32 Oö. GVG 1994, iVm §§ 1 bis 3 der Oö. Grundverkehrs-Verwaltungsabgabenverordnung 2002, LGBl.Nr. 137/2002, in der Fassung der Verordnung LGBl.Nr. 76/2011.
B e g r ü n d u n g :
Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Mai 2011, Agrar20-10-2011, die von Herrn J. E. und Frau M. E. vorgesehene Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. x8 GB. 00000 H. an Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. auf Grund des Übergabsvertrages vom 22. Dezember 2009 im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass die land- und forstwirtschaftlichen Grundflächen in ihrer Gesamtheit einen landwirtschaftlichen Betrieb bilden und es sich dabei um einen wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitz handelt. Es sei nicht von Relevanz, ob dieser landwirtschaftliche Betrieb derzeit seinen Eigentümern zur alleinigen Deckung ihres Lebensunterhaltes dient. Der Betrieb war bis zur Pensionierung der Übergeber im Jahre 2004 als Vollerwerbsbetrieb geführt und diente bis dahin der Deckung ihres Lebensunterhaltes und der Erhaltung der Betriebsliegenschaft. Beim gegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb handelt es sich um einen Betrieb mit einem wirtschaftlich gesunden kleinen land- und forstwirtschaftlichen Besitz. Durch den vorliegenden Übergabsvertrag besteht nun die Gefahr, dass der Betrieb zukünftig aufgeteilt und zerstückelt werden kann. Dies trotz Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte und des Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Übergeber, zumal die Erhebung einer Klage auf Aufhebung des Miteigentums oder einer Realteilung nach wie vor möglich und nicht auszuschließen ist. Der Übergabsvertrag widerspricht daher in der gegenständlichen Form den Zielsetzungen des Oö. Grundverkehrsgesetzes insbesondere jenem Ziel, wirtschaftlich gesunde auch kleinere land- und forstwirtschaftliche Betriebe zu erhalten.
Gegen diesen Bescheid richten sich die Berufungen sämtlicher Erwerber, mit denen im Wesentlichen die Feststellungen des Erstbescheides bekämpft werden, dass es sich bei der Übergabsliegenschaft um einen lebensfähigen landwirtschaftlichen Betrieb handelt, dass es sich auch nicht um einen wirtschaftlich gesunden kleinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder Grundbesitz handelt und schließlich wird die Annahme der Erstbehörde bekämpft, dass der landwirtschaftliche Betrieb durch den vorliegenden Übergabsvertrag Gefahr laufe, zukünftig aufgeteilt und zerstückelt zu werden. Gerade die im Übergabsvertrag vereinbarten wechselseitigen Vorkaufsrechte sowie das zu Gunsten der Übergeber eingeräumte Belastungs- und Veräußerungsverbot und die jeweilige grundbücherliche Sicherstellung gewährleisten auf lange Zeit die Einheit der Übergabs-liegenschaft. Schließlich wird unter Hinweis auf die Entscheidung des Verfassungs-gerichtshofes vom 22. Juni 2005, B 1154/04 = VfSlg. 17591/2005, darauf hingewiesen, dass eine allenfalls später durch ein weiteres Rechtsgeschäft zu erwartende Realteilung keineswegs dazu führe, dass der vorliegende Übergabsvertrag mit der Begründung von ideellem Eigentum die drei Übernehmer den Interessen des Grundverkehrsgesetzes widerspricht.
Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der oö. Landesregierung hat das Ermittlungsverfahren durch Einholung von DORIS-Online-Landkarten, Grundbuchsauszug, Stellungnahme der Übergeber Herr J. und Frau M. E. vom 2. August 2011, Stellungnahme des Gemeindeamtes T. vom 8. August 2011 zur Berufung und zur Flächenwidmung, Stellungnahme der Bezirksbauernkammer N. vom 19. September 2011 samt Anlage, Stellungnahme der Übergeber vom 26. September 2011, Anhörung sämtlicher Parteien und deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom 28. November 2011, Eingabe des Rechtsvertreters der Berufungswerber vom 8. Februar 2012 mit Vorlage des Liegenschaftsbewirtschaftungsvertrages abgeschlossen zwischen den Rechtserwerbern vom 6. Februar 2012 ergänzt und gelangt somit zu nachstehenden ergänzenden Feststellungen:
Sämtliche Übernehmer haben auf Grund der im Übergabsvertrag enthaltenen Erklärung zu Punkt VII. die Grundbuchseinverleibung beim Bezirksgericht M. beantragt und es wurde antragsgemäß die Einverleibung des Eigentumsrechtes je zu einem Drittel für Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. sowie des wechselseitigen Vorkaufsrechtes für Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. und des Belastungs- und Veräußerungs-verbotes zugunsten Herrn Johann E. und Frau M. E. bewilligt.
Erst auf Grund einer Mitteilung durch die Bezirksgrundverkehrsbehörde wurde nachträglich ein Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung gestellt.
Neben den in der gemeinsamen Berufungsschrift enthaltenen Erklärungen hinsichtlich der Aufrechterhaltung der Einheit der Liegenschaft haben die Übergeber Herr J. und Frau M. E. mit Eingabe vom 2. August 2011 nicht nur die Argumente und Gründe in der Berufungsschrift der Übernehmer ausdrücklich bestätigt und als zutreffend bezeichnet, sie haben auch die Lebensfähigkeit des Betriebes bestritten und insbesondere darauf verwiesen, dass die Landwirtschaft eine Einheit bleiben solle, nicht geteilt oder zerstückelt werden soll bzw. kann. Es sei zwar eine Weitergabe an eines ihrer acht Enkelkinder derzeit nicht aktuell jedoch zukünftig nicht auszuschließen. Diese Option lässt die vorliegende Vertragsgestaltung offen und ist in unserem Sinn. Unsere Kinder sind über die Vorgangsweise in einem solchen Fall bereits übereingekommen. Auch die zukünftige Erhaltung der Liegenschaft ist über den gemeinsamen Erhaltungsfonds gesichert (Eingabe Blatt 13). In der mündlichen Verhandlung mit Parteienanhörung am 28. November 2011 wurde von den Vertragsparteien im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die gleiche Besitzaufteilung in ideelle Anteile im Erbrechtsweg stattfinden würde, die Regelung im Übergabsvertrag aber zusätzliche Vereinbarungen zur Erhaltung der Betriebseinheit enthalte. Es wurde dann die Möglichkeit eines zusätzlichen Bewirtschaftungsvertrages besprochen um einer Gefahr einer Betriebsaufteilung oder Besitzzerstückelung vorzubeugen und es wurde auch ein allfälliger Verzicht auf Klagseinbringung hinsichtlich Zivil- oder Realteilung in Erwägung gezogen. Schließlich haben die Übernehmer einen Liegenschaftsbewirtschaftungsvertrag vom 6. Februar 2012 abgeschlossen zwischen Frau M. W., Herrn Johann E. und Herrn Josef E. vorgelegt, welcher den vorliegenden Übergabsvertrag dahin ergänzt, dass ausdrücklich eine Erklärung zur Einheit der Liegenschaft abgegeben wird. Ein Aufgriffsrecht von Liegenschaftsanteilen durch die übrigen Miteigentümer und entsprechende Ausgleichszahlungen, letztwillige Verfügungen getroffen werden und Regelungen hinsichtlich der laufenden Bewirtschaftung mit Herrn Josef E. als Verwalter der Miteigentümergemeinschaft, Verzicht auf Einbringung einer Teilungsklage gemäß § 830 ABGB. sowie Einrichtung eines Fonds zur Abdeckung der laufenden Kosten, der Verwaltung und Erhaltung der Liegenschaft mit einem Mindesteinlagenstand in der Höhe von insgesamt 5.000 Euro getroffen werden.
Die Übernehmer haben auch ihr Einverständnis erklärt, dass diese zusätzlichen Vereinbarungen als Auflage im Falle einer Genehmigung der Eigentumsübertragung akzeptiert werden.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
§ 4 Abs. 1 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1994 idgF. regelt, dass Rechtserwerbe an land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Teilen davon der Genehmigung der Behörde bedürfen. Nach den Bestimmungen des Abs. 2 sind solche Rechtserwerbe zu genehmigen, wenn den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirt-schaftlicher Nutzflächen und
1.) an der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder
2.) an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren oder kleinen land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprochen wird.
§ 2 Abs. 1 dieses Gesetzes definiert land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke dahin, dass es sich um bebaute oder unbebaute Grundstücke handelt, die nach ihrer Beschaffenheit zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung geeignet sind und nicht zweifelsfrei zur Gänze für andere Zwecke als der Land- oder Forstwirtschaft verwendet werden, außer es handelt sich um gewidmete Baugrundstücke. Zweifelsfrei handelt es sich bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft EZ. x8 KG. 00000 H. mit der Bezeichnung "H." mit der rechtswirksamen Flächenwidmung Grünland bzw. Wald um land- und forstwirtschaftliche Grundstücke und unterliegen daher dem Geltungsbereich des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1994 idgF.. Dass es sich hiebei auch um einen gesunden land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitz handelt ist schon dadurch erwiesen, dass die Liegenschaft bis zum Jahr 2004 von den Übergeberehegatten als Vollerwerb geführt wurde und derzeit die landwirtschaftlichen Flächen verpachtet sind und daraus nachhaltiges landwirtschaftliches Einkommen sowohl für die Pächter als auch die Verpächter erzielt werden kann. Ob die Bewirtschaftung dieser land- und forstwirtschaft-lichen Flächen in Zukunft im Voll- oder Nebenerwerb durchgeführt werden kann, ist daher für die angeführten Bestimmungen des § 2 und § 4 dieses Gesetzes nicht maßgeblich.
Zur Begründung ideellen Miteigentums hat der Verfassungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 22. Juni 2005, B 1154/04 VfSlg. 17591, ausgesprochen, dass eine Verletzung im Eigentumsrecht durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Übergabsvertrages zwischen den Eltern und deren Kindern wegen Verschlechterung der Agrarstruktur und Gefährdung grundverkehrsrechtlicher Interessen gegeben ist. Die Außerachtlassung der konkreten Vertragsgestaltung infolge allgemeiner Behauptung eines generellen Widerspruchs der Schaffung ideeller Miteigentumsanteile zu öffentlichen Interessen stellt ebenfalls eine Verletzung des Eigentumsrechtes dar (Leitsatz).
In seiner Begründung führt der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Außerachtlassung der konkreten Vertragsgestaltung allein unter Zugrundelegung der allgemeinen Behauptung, dass eine Schaffung von Miteigentum zu ideellen Anteilen den genannten öffentlichen Interessen widerspreche, ist verfehlt. Es mag zwar zutreffen, dass in der Zukunft von den Miteigentümern der Wunsch nach einer Realteilung des Miteigentums entstehen könnte, doch ist daraus noch nichts zu gewinnen. Es ist nämlich auch zu beachten, dass die Realteilung zivilrechtlich untunlich ist, wenn die auch dafür notwendige grundverkehrsbehördliche Genehmigung äußerst unwahrscheinlich wäre (vgl. dazu etwa OGH 28. 1.1988, 3 Ob 547/86; 16.2.1984 6 Ob 8/83). Durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung der Schaffung von ideellem Miteigentum ist über die Frage der künftigen Genehmigung einer Realteilung noch nichts ausgesagt (Ende Zitat der angeführten Entscheidung Verfassungsgerichtshof).
Wendet man nun diese Ausführung in der Grundsatzentscheidung des Verfassungs-gerichtshofes auf den vorliegenden Fall an, so haben die Vertragsparteien durch umfangreiche Regelungen schon im Übergabsvertrag hinsichtlich des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie der Einräumung gegenseitiger Vorkaufsrechte und deren Einverleibung im Grundbuch sowie insbesondere durch den Liegenschaftsbewirt-schaftungsvertrag, abgeschlossen zwischen den Rechtserwerbern vom 6. Februar 2012, ausdrücklich zusätzliche Regelungen geschaffen, welche ausdrücklich der Gefahr der Zerstückelung der einheitlichen Liegenschaft entgegenwirken sollen und vielmehr sich darauf geeinigt, dass auch bereits Regelungen vereinbart wurden, wodurch eine Übernahme der Gesamtliegenschaft durch ein allfälliges Enkelkind der Übergeber ermöglicht werden soll.
Sämtliche Übernehmer haben erklärt, dass sie auch mit einer Auflage einverstanden sind, wonach sie diese vertraglichen Regelungen aufrecht zu erhalten haben. Damit sind aber die Bedenken an einer Zerstückelung des einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes weitgehend ausgeräumt und die Genehmigungsvoraussetzungen des § 4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF. auch hinsichtlich der Schaffung ideellen Miteigentums zwischen den Übernehmern gegeben.
Den Berufungen kommt daher Berechtigung zu und ist eine Bewilligung der Eigentumsübertragung wie im Spruch ersichtlich mit den entsprechenden Auflagen zu bewilligen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Bei Einbringung einer derartigen Beschwerde ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten
Der Vorsitzende
der Landesgrundverkehrskommission
Präsident a.D. Dr. Georg H u b e r