Landesgrundverkehrskommission
beim Amt der Oö. Landesregierung
Bahnhofplatz 1
4021 Linz
B e s c h e i d
Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat mit dem Bescheid vom 1. Dezember 2011, Agrar20-185-2011, die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. x6 im Ausmaß von 23.364 m² des GB. 00000 S. durch Herrn F. und Frau M. G. an Herrn J.M. auf Grund des Kaufvertrages vom 19. September 2011 grundverkehrsbehördlich genehmigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung der Gemeinde S..
Gemäß § 58 AVG. ergeht hierüber nachstehender
S p r u c h :
Der Berufung wird n i c h t F o l g e gegeben.
Rechtsgrundlage: §§ 1 bis 4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF.
B e g r ü n d u n g :
Die Bezirksgrundverkehrskommission N. hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 1. Dezember 2011, Agrar20-185-2011, die Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ. x6 GB. 00000 S. im Gesamtausmaß von 23.364 m² durch die Ehegatten G. an Herrn J.M. auf Grund des Kaufvertrages vom 19. September 2011 grundverkehrsbehördlich genehmigt. Die Erstbehörde ging in ihrer Bescheidbegründung im Wesentlichen davon aus, dass der Rechtserwerber Herr J.M. in S. einen Metzgerbetrieb führt und er landwirtschaftliche Grundstücksflächen besitzt, auf denen er eine kleine Schafzucht betreibt. Er hat auch eine eigene landwirtschaftliche Betriebsnummer. Der Kauf der verfahrensgegenständlichen Grundstücke dient im Wesentlichen seiner Betriebserweiterung, zumal sich am Vertragsobjekt auch ehemalige landwirtschaftliche Stallungen befinden. Die zur Bewirtschaftung notwendigen Maschinen und Geräte wie Traktor, Anhänger, Kreiselheuer sind bereits vorhanden. Die Erstbehörde ging daher davon aus, dass eine ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung durch den Rechtserwerber gewährleistet ist.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung der Gemeinde S., welche sich ausschließlich auf das Grundstück Nr. 359 mit einer Gesamtfläche von 3.124 m² bezieht.
Die Gemeinde S. ist unter anderem Eigentümerin der Grundstücke Nr. 358 und 372/1 jeweils der KG. S., welche unmittelbar an das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. 359 der KG. S. anschließen. Auf den beiden Grundstücken Nr. 358 und Nr. 377 der KG. S. befindet sich eine Sportanlage der Gemeinde S. welche im Jahre 2012 erweitert werden soll, wobei in weiterer Folge auch das Grundstück Nr. 359 für die Errichtung von Asphaltbahnen miteinbezogen werden soll.
Im Entwurf des örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr. 2 wurde das Grundstück Nr. 359 der KG. S. bereits als Erweiterungsgebiet mit der Widmung Erholungsfunktion ausgewiesen. Unter Einbeziehung dieses Grundstückes kann eine sinnvolle Entwicklung der Sport- und Spielflächen erreicht werden und liegt daher auch im Sinne der Vorgaben des Oö. Raum-ordnungsgesetzes.
Der Erwerb des Grundstückes Nr. 359 der KG. S. im Ausmaß von 3.124 m² durch die Gemeinde S. steht daher im öffentlichen Interesse zur Ausweitung der teilweise bereits vorhandenen Spiel- und Sportflächen.
Durch den Erwerb dieses Grundstückes durch Herrn J.M. werden die zukünftig geplanten Ausbaumaßnahmen im Sport- und Spielbereich wesentlich beeinträchtigt.
Es wird daher der Berufungsantrag gestellt, die Eigentumsübertragung betreffend das Grundstück Nr. 359 der KG. S. zwischen den Ehegatten G. und Herrn J.M. nicht zu genehmigen.
Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.
Nach der Bestimmung des § 31 Abs. 2a Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF. ist der Gemeinde, in der ein erfasstes Grundstück oder ein erfasster Grundstücksteil liegt, im Verfahren zur Genehmigung von Rechtserwerben Gelegenheit zu geben, binnen vierzehn Tagen Stellung zu nehmen, sofern der Antrag nicht zurückzuweisen ist. Bescheide sind der Gemeinde zuzustellen. Die Gemeinde kann das Rechtsmittel der Berufung erheben.
Die Ortsgemeinde einer verfahrensgegenständlichen Liegenschaft ist daher auf Grund dieser Gesetzesbestimmungen legal oder formal Partei im grundverkehrsbehördlichen Verfahren. Weil in der angeführten Gesetzesbestimmung keinerlei Einschränkung des Berufungsrechtes geregelt ist, muss von einem uneingeschränkten Berufungsrecht der Gemeinde ausgegangen werden.
Nach dem Berufungsvorbringen der Gemeinde S. und den im Akt erliegenden Unterlagen ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Fläche des Grundstückes Nr. 359 der KG. S. durch den Entwurf des örtlichen Entwicklungskonzeptes Nr. 2 bereits als Erweiterungsgebiet mit der Widmung Erholungsfunktion ausgewiesen ist und eine sinnvolle Ergänzung der Sport- und Spielflächen darstellt. Nach der örtlichen Planung der Gemeinde wird das Grundstück Nr. 359 der KG. S. im Ausmaß von 3.124 m² eine wichtige Rolle für die letztlich geplanten Ausbaustufen der Sport- und Freizeitanlage darstellen. Die Benützung dieser Grundstücksfläche steht daher zweifelsfrei im öffentlichen Interesse der Gemeinde S..
Andererseits sind nach der Aktenlage und nach der zutreffenden Begründung im angefochtenen Bescheid die Genehmigungsvoraussetzungen hinsichtlich des angeführten Grundstückes Nr. 359 der KG. S. beim Rechtserwerb bei Herrn J.M. zur Gänze erfüllt, weil er die verfahrensgegenständlichen Grundstücke zur Stärkung seiner bereits vorhandenen landwirtschaftlichen Grundstücke erwirbt und auch hinlänglich glaubhaft gemacht ist, dass Herr J.M. die Grundstücke auch selbst ordnungsgemäß im Rahmen einer Schafhaltung bewirtschaften wird.
Die aufgezeigte Interessenskollision ist nach der österreichischen Rechtslage derart zu lösen, dass bei Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen über entsprechenden Antrag die Eigentumsübertragung grundverkehrsbehördlich zu genehmigen ist, auch wenn hinsichtlich eines Grundstückes in Form der Gemeinde S. ein besser geeigneter Rechtserwerber vorhanden wäre, weil in diesem Falle der Grundstückserwerb im erwiesenen öffentlichen Interesse gelegen wäre. Es ist nämlich den Grundverkehrsbehörden versagt, ein an sich nach § 4 Oö. Grundverkehrsgesetz 1994 idgF. genehmigungsfähiges Rechtsgeschäft nur deshalb zu untersagen, weil ein besser geeigneter Rechtserwerber zur Verfügung steht (Fischer Lukas, Handbuch zum oberösterreichischen Grundverkehrsgesetz, Juridika Verlag 1999, Seite 75, Anmerkung 7 auch unter Hinweis der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu Artikel 6 Staatsgrundgesetz).
Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs, wie sie in den Grundverkehrs-gesetzen enthalten sind, sind grundsätzlich durch Artikel 6 Staatsgrundgesetz nicht ausgeschlossen. Eine Verletzung der Liegenschaftsverkehrsfreiheit durch das Grundverkehrsrecht soll nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs ausnahmsweise nur dann vorliegen, wenn die Zulässigkeit des Rechtserwerbers von persönlichen Eigenschaften des Erwerbers abhängig gemacht wird. Eine derartige Grundrechtsverletzung liegt z.B. dann vor, wenn ein Erwerber durch das Gesetz beim Grunderwerb allein aus dem Motiv benachteiligt wird, weil er noch nicht Landwirt ist und somit noch nicht dem Bauernstand angehört oder wenn eine Grundverkehrsbehörde dem Gesetz einen diesbezüglichen Inhalt unterstellt. Unabhängig von einer Benachteiligung auf Grund persönlicher Eigenschaften hat der Verfassungsgerichtshof eine verfassungswidrige Verletzung der Liegenschaftserwerbsfreiheit auch bei einer Wesenskernverletzung des Grundrechtes angenommen. Diese soll vorliegen, wenn ein Landesgesetz die Grundverkehrsbehörde ermächtigt, den geeigneten Erwerber zu bestimmen oder wenn die Grundverkehrsbehörde einem Gesetz diesen Inhalt unterstellt, indem sie einen vom Standpunkt der grundverkehrsrechtlichen Interessen geeigneten Erwerber die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nur deshalb versagt, weil ein anderer Rechtserwerber diesen Interessen besser entspricht (Schneider Handbuch, Österreichisches Grundverkehrsrecht, Verlag Österreich, Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1996, Seite 58f und dort angeführte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs).
Der Berufung kann daher nicht Folge gegeben werden, auch wenn die Berufungsschrift darlegt, dass der Rechtserwerb des Grundstückes Nr. 359 der KG. S. für die Gemeinde S. im besonderen öffentlichen Interesse zur Ausweitung der teilweise bereits vorhandenen Spiel- und Sportflächen geeignet wäre.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die Beschwerde muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Bei Einbringung einer derartigen Beschwerde ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Der Vorsitzende
der Landesgrundverkehrskommission
Präsident a.D. Dr. Georg H u b e r